Selbstorganisiertes Arbeiten ohne Chef? Bei der DB Systel ist das bald Realität. Die EVG-Betriebsräte haben einen völligen Wandel der Arbeitsstrukturen eingeleitet.
Ende April hat der Gesamtbetriebsrat (GBR) drei Gesamtbetriebsvereinbarungen (GBV) verabschiedet. Diese behandeln
„Wir verändern grundlegend die Beziehung eines jeden Mitarbeiters zu seiner Arbeit, seinen Kollegen und seiner Führungskraft“, sagt der GBR-Vorsitzende Klaus-Theo Sonnen-Aures. „Unser Motto lautet: Mehr Freiheit ist besser als weniger. Wir erproben erstmals das „Arbeiten ohne Chef“.“
„Unser Ausgangspunkt war, dass die klassische Arbeitsbeziehung veraltet ist“, so der GBR-Vorsitzende. „Einer weist die Arbeit an und viele andere verrichten sie – das funktioniert nicht mehr.“ Veränderte Markt- und Kundenanforderungen an Produkte und Dienstleistungen, die rasende Geschwindigkeit von technologischen Erneuerungen und neuen Technologien (z. B. Cloud), Herausforderungen der Digitalisierung – das alles erfordert neue Arbeitsformen. Vor allem aber: Die Komplexität nimmt zu – sie verlangt von jedem einzelnen Mitarbeiter zugleich Expertenwissen und ein vertieftes Wissen über den Gesamtprozess der Produkt- und Dienstleistungserstellung.
Unser Ausgangspunkt war, dass die klassische Arbeitsbeziehung veraltet ist.
Kernstück des Prozesses bildet die „GBV Trafo“. Sie regelt vor allem:
Festgehalten ist auch, dass der Gesamtprozess eine Betriebsänderung darstellt und dass kein Arbeitsplatzabbau stattfindet.
„Selbstorganisiertes und selbstbestimmtes Arbeiten heißt, dass die Mitarbeiter ihren täglichen Arbeitsablauf selbst organisieren“, sagt Klaus-Theo Sonnen-Aures. „Dies bedeutet einen enormen Zugewinn an Handlungs- und Entscheidungsfreiheit sowie eine entscheidende Demokratisierung des Arbeitsprozesses. Aber es fordert den Mitarbeitern Selbst- und Verantwortungsbewusstsein ab. Sie müssen untereinander abstimmen, wer in welcher Zeit welches Arbeitsergebnis abliefert.“
Im Zuge der Umstrukturierung werden zwei neue Positionen geschaffen: der „Product Owner“ (PO) und der „Agility Manager“ (AM). WAS produziert wird, bestimmt der PO. Der AM hingegen muss alle Voraussetzungen für eine reibungslose Erledigung schaffen. Und über das WIE entscheidet das Umsetzungsteam, also die Mitarbeiter.
Derzeit stehen die ersten Teams vor dem Abschluss des Überleitungsprozesses. Es können also noch längst nicht alle Erfahrungen vorliegen. Die GBV wurde deshalb bewusst „offen“ formuliert. „Die vertragschließenden Parteien“, heißt es darin, „sind sich dessen bewusst, dass im Verlauf der Transformation Erfahrungen gemacht und Erkenntnisse gewonnen werden, die nachträgliche, ergänzende Regelungen erforderlich machen werden. […] Sie verpflichten sich daher zu erneuten Verhandlungen, wenn durch eine der beiden Betriebsparteien Verhandlungsbedarf angezeigt wird.“