Vor mehr als 10 Jahren wurde im DB-Konzern die Stelle einer Ombudsfrau eingerichtet. Die Deutsche Bahn war damit eines der ersten Unternehmen, das eine solche Stelle eingerichtet hat, die derzeit von Frau Silvia Müller erfolgreich ausgeführt wird.
Frau Müller ist seit 43 Jahren für die Deutsche Bahn in den verschiedensten Bereichen tätig. Nach der Ausbildung zum EIB mit Abitur bei der Deutschen Reichsbahn und einem Betriebswirtschaftsstudium war sie im operativen Betriebsdienst im Bereich Planung Güterverkehr sowie Aufbau der Vertriebsorganisation Fernverkehr in Sachsen tätig. Im Rahmen der Restrukturierung war Frau Müller bei der DB Arbeit GmbH Leiterin der Niederlassungen Dresden, Stuttgart und später in der Zentrale in Berlin. Zunächst für die Liquidation der DB Arbeit GmbH verantwortlich, wurde sie im Rahmen der Entwicklung eines konzernweiten Arbeitsmarktes mit der Einrichtung eines Projektes „JobService“ betraut. Geschäftsführerin DB Zeitarbeit GmbH war sie ebenso wie auch Geschäftsführerin und später Vorstand bei den gemeinsamen Einrichtungen „Fond soziale Sicherung“ und „Fairnessplan“.
Um die Funktion einer Ombudsfrau erfüllen zu können, schloss Frau Müller nach einer Mediationsausbildung das Masterstudium für Mediation und Konfliktmanagement ab.
BesPR Süd: Frau Müller, Sie sind Ombudsfrau bei der Deutschen Bahn. Wie kam es dazu und was sind die Hintergründe?
Frau Müller: Der Impuls zur Einrichtung einer Ombudsstelle bei der Deutschen Bahn ging 2005 von den Tarifpartnern aus. Im Zusammenhang mit den damals stattfindenden Rationalisierungsmaßnahmen sollte eine Stelle - zunächst befristet - eingerichtet werden, die daraus resultierende Streitfälle überprüft. Sehr bald haben sich mehr und mehr Führungskräfte und Mitarbeiter/innen mit den verschiedensten Problemen, die im Arbeitsalltag auftraten, an die Ombudsfrau gewandt. Die Stelle hatte sich bewährt, weil sie es ermöglicht, Streitfälle außergerichtlich und ohne bürokratischen Aufwand zu schlichten und wurde dann dauerhaft eingerichtet. In der weiteren Entwicklung hat meine Vorgängerin, Frau Gantz-Rathmann, dann den DB-internen Mediatoren-Pool ins Leben gerufen. Die Idee dahinter ist, die Konfliktparteien bei der Suche nach eigenen Lösungen für ihre Probleme zu begleiten.
BesPR Süd: Welche Qualifikation benötigt man als Ombudsfrau?
Frau Müller: Rein formell gibt es keine Qualifikationsanforderungen, eine Ausbildung im Bereich Mediation und/oder Konfliktmanagement halte ich allerdings für unabdingbar.
BesPR Süd: Wenn sie Ihre Aufgabe und Arbeitsweise beschreiben würden, welche Aussage wäre Ihnen am wichtigsten?
Frau Müller: Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Führungskräfte und Personaler können sich darauf verlassen, dass ihr Anliegen absolut vertraulich behandelt wird. Ich werde erst aktiv, wenn mit denjenigen, die sich an mich gewandt haben, das weitere Vorgehen klar besprochen wurde und deren Einverständnis dazu vorliegt.
BesPR Süd: Wie können wir uns Ihre Herangehensweise an einen bestehenden Konflikt vorstellen? Gibt es für Sie Vorgaben oder Richtlinien, die Sie beachten müssen?
Frau Müller: Im konkreten Konfliktfall prüfe ich natürlich, ob gesetzliche Bestimmungen wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) oder betriebliche Regelungen, wie beispielsweise die Konzernbetriebsvereinbarung (KBV) für Gleichbehandlung und zum Schutz vor Diskriminierung, eingehalten wurden. Und, wenn ich eine Mediation als das geeignete Verfahren zur Konfliktlösung empfehle, werden selbstverständlich die Regelungen des Mediationsgesetzes als auch der Konzernbetriebsvereinbarung Mediation eingehalten.
BesPR Süd: Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Inhalte der Konzernbetriebsvereinbarung Mediation?
Frau Müller: Das sind im Wesentlichen die folgenden Grundsätze:
BesPR Süd: Ihre Bezeichnung ist Ombudsfrau, wir kennen ja auch Mediatoren oder das Konfliktmanagement. Welcher Unterschied ist hier festzustellen?
Frau Müller: Als Ombudsfrau informiere und berate ich diejenigen, die sich an mich wenden, versuche mit ihnen gemeinsam den Sachverhalt zu klären und empfehle dann das Konfliktlösungsverfahren, das mir am geeignetsten erscheint. Das muss nicht immer Mediation sein, das kann auch eine Teamentwicklungsmaßnahme oder ein Coaching sein.
Konfliktmanagement umfasst weitaus mehr, z. B. die Implementierung von Regelungen, wie unsere KBV Mediation oder von weiteren Konfliktanlauf- oder auch Konfliktbearbeitungsstellen, die Vereinbarung von Verfahrensabläufen und nicht zu vergessen die Schulung von Führungskräften und Mitarbeitern im Umgang mit Konflikten. Hier kann ich als Ombudsfrau Anregungen geben, präventive Maßnahmen vorschlagen, strukturelle Probleme offen kommunizieren und auf Veränderung hinwirken – umsetzen muss es die Organisation.
BesPR Süd: Können Sie ein Beispiel nennen, bei dem Ihre Tätigkeit als Ombudsfrau in der Konfliktbearbeitung angefragt wurde und was dann konkret passiert ist?
Frau Müller: Da muss ich leider passen. Vertraulichkeit ist eines meiner Grundprinzipien und ich gehe so weit, dass ich auch keine anonymisierten Fälle schildern möchte, in denen sich Betroffene wiedererkennen könnten.
BesPR Süd: Erledigen Sie Ihre Aufgabe alleine oder werden Sie von Kooperationspartnern oder auch den Geschäftsfeldern in Ihrem Tun unterstützt?
Frau Müller: Eine der wichtigsten Stützen meiner Arbeit sind die Mediatorinnen und Mediatoren, die unserem DB-internen Mediatoren-Pool angehören. Mediation ist zwar kein Allheilmittel, ermöglicht es den Konfliktparteien aber selbstverantwortlich Lösungen zu finden, die ihren Interessen am ehesten entsprechen. Das ist nach meiner Erfahrung vor allem nachhaltiger als eine „von außen“ vorgegebene Lösung.
Daneben gibt es natürlich weitere Konfliktanlaufstellen, wie z. B. die MUT-Hotline, die Clearingstellen zu den Themen „Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Biografie“ und “für Gleichbehandlung und zum Schutz vor Diskriminierung“ oder auch unser BSW. Aber auch die Führungskräfte, die als erster Ansprechpartner bei auftretenden Konflikten einbezogen werden sollten und nicht zuletzt die Interessensvertreter, die unsere Kolleginnen und Kollegen da beraten und begleiten können.
BesPR Süd: Wo können sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Unternehmens über die Ombudsstelle informieren?
Frau Müller: Ganz einfach, über DB Planet – anbei der Link: https://dbplanet.deutschebahn.com/pages/konflikte-und-ihre-auf-loesung
BesPR Süd: Was würden Sie sich in Bezug auf ihre Tätigkeit wünschen?
Frau Müller: Ich möchte mit meinem Tun einen Beitrag leisten zur Kultur in unserem Unternehmen, einen Beitrag zu einer besseren Konfliktkultur und einen Beitrag für einen wertschätzenden Umgang miteinander, der auf Respekt und Vertrauen basiert. Dafür wünsche ich mir, und das sind eigentlich ganz simple Dinge, dass wir nicht nur darauf achten, was wir sagen, sondern auch wie wir das tun. Und im Übrigen, dass mehr und offener miteinander kommuniziert wird.
Und ich wünsche mir, dass wir alle im Umgang mit Konflikten ein wenig gelassener werden, Konflikte nicht nur als furchtbar wahrnehmen, sondern auch als Herausforderung und als Chance für Entwicklung und Veränderung.
BesPR Süd: Welche Empfehlung würden Sie geben, wenn Kollegen von uns das Empfinden haben, mit einem Konflikt nicht fertig werden zu können?
Frau Müller: Zunächst einmal, sich selbst einige Fragen zu stellen und natürlich zu beantworten, auch um u. a. herauszufinden, welches die geeignete Anlaufstelle sein kann. Dazu haben wir einen sogenannten Konflikt-Leitfaden entwickelt, der ebenfalls in DB Planet zu finden ist. Auf jeden Fall - sich immer Hilfe und Unterstützung suchen!!!
BesPR Süd: Sehr geehrte Frau Müller, vielen Dank für das interessante Gespräch. Wir wünschen Ihnen - für die sicherlich nicht immer einfachen Aufgaben - auch weiterhin viel Erfolg.
Das Interview mit Frau Silvia Müller führte, für den Besonderen Personalrat Süd, Ralf Bott.