Verlässliche Dienstpläne, die Raum für individuelle Wünsche lassen – das fordern viele Kolleginnen und Kollegen schon seit langem. Die Tarifverträge der EVG machen’s möglich - und die App „Meine Zeit“. Sie wurde unter Begleitung der EVG-Betriebsräte bei DB Fernverkehr entwickelt.
Die Tarifabschlüsse der EVG haben die Wahlfreiheit der Kolleginnen und Kollegen beim Thema Schicht- und Einsatzplanung gestärkt. Um die persönlichen Arbeitszeitvorstellungen der Kolleginnen und Kollegen noch besser berücksichtigen zu können, wurde die App „Meine Zeit“ im Bereich des Bordservice Fernverkehr aufgesetzt. Nach den ersten Monaten der Umsetzung steht fest: die Beteiligten sind mit den Ergebnissen mehr als zufrieden. „Wir halten nichts von einer starren, zwanghaften Dienstplangestaltung“, sagt EVG-Betriebsrätin Elisabeth Wlaschitz. „Für die meisten Beschäftigten ist es wichtig, ihre Dienste auf betrieblicher Ebene für einen überschaubaren Zeitraum planen zu können - unter angemessener Würdigung ihrer persönlichen Wünsche. Diese nachvollziehbare Forderung haben wir als Betriebsräte soweit wie möglich umzusetzen, deshalb haben wir uns intensiv mit dem Projekt „Meine Zeit“ beschäftigt.“
Mit „Meine Zeit“ konnte eine deutliche Verschiebung der Akzente in der Arbeitszeitgestaltung erreicht werden. Künftig werden die Arbeitszeiten neben den betrieblichen noch stärker auch den Interessen der Beschäftigten gerecht werden. „Wir haben ein Interesse daran, die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatem deutlich zu verbessern“, erklärt Jürgen Hastrich, Projektleiter des GBR für das Ü-B-AZ-P im Bereich Bordservice und Tf bei DB Fernverkehr. „Die Bedürfnisse und Wünsche unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind extrem unterschiedlich und von verschiedenen Lebensphasen geprägt. Mal ist es die Kinderbetreuung, mal die Entfernung zum Arbeitsplatz, mal das ehrenamtliche Engagement in der Freizeit oder der Wunsch, sich intensiver um Familienangehöre kümmern zu können, die Einfluss auf die Dienstplangestaltung haben. Wenn wir das alles unter einen Hut bekommen, haben wir viel geschafft, um die Motivation und Zufriedenheit unserer Beschäftigten zu verbessern."
Möglich macht dies ein Computerprogramm. „Unsere Kolleginnen und Kollegen geben regelmäßig an, wie sie in den nächsten Wochen arbeiten möchten und in der Regel werden die meisten Wünsche dann auch umgesetzt“, erläutert der GBR-Vorsitzende Manfred Scholze. „Als Betriebsrat haben wir darauf geachtet, dass insbesondere die persönlichen Wünsche, beispielsweise nach Ruhen oder Vorlieben für Früh- oder Spätdienste, aber auch die Anzahl der Übernachtungsschichten weitestgehend berücksichtigt werden.“
Aufgrund des Tarifeinheitsgesetzes wird „Meine Zeit“ bis auf weiteres nur in den Betrieben umgesetzt, in denen die EVG-Tarifverträge als „Mehrheitstarifvertrag“ angewendet werden – insofern derzeit nicht in Dresden und nicht in Stuttgart. Für die EVG ist es deshalb wichtig, bei einer neuen Auszählung nach der nächsten Tarifrunde die Mehrheit der gewerkschaftlich organisierten Mitglieder zu haben.
Aufgrund der durchweg positiven Resonanz soll das Arbeitszeitprojekt weiter ausgedehnt werden. Auch im Bereich der Lokführer wird „Meine Zeit“ zur Anwendung kommen. „Die Kolleginnen und Kollegen sind an einer Weiterentwicklung interessiert; insofern ist es sinnvoll, in möglichst vielen Bereichen Erfahrungen zu sammeln, um dann entsprechende Gesamtbetriebsvereinbarungen abschließen zu können. Beim Fernverkehr ist dies bereits erfolgt“, stellt GBR-Mitglied Frank Riegler fest.
Zumal es neben „Meine Zeit“ mit „Mein Tausch“ ein weiteres interessantes Arbeitszeitangebot für die Kolleginnen und Kollegen gibt, das von den Betriebsräten der EVG mitentwickelt wurde. Auch wenn der Dienstplan wunschgemäß gestaltet wurde, kann sich immer wieder die Notwendigkeit kurzfristiger Änderungen ergeben. Ein krankes Kind, ein plötzlicher Arztbesuch – wenn sich dann jemand finden würde, der kurzfristig den eigenen Dienst übernimmt, wäre das schön. „Mein Tausch“ soll dies möglich machen.
„Es gibt eine App, über die ich meine Schicht zum Tausch anbieten kann“, so EVG-Betriebsrat Oliver Gerns. „Springt eine Kollegin oder ein Kollege für mich ein, tauschen wir die Dienste ganz unkompliziert und ich übernehme deren Schicht. Das funktioniert erstaunlich gut.“
Mit den Betrieblichen und dem Überbetrieblichen Arbeitszeitprojekt sowie den Instrumenten „Meine Zeit“ und „Mein Tausch“ sind zwei Projekte aufgelegt, bei denen Arbeitgeber und Betriebsrat bewusst gleichberechtigt und auf Augenhöhe Verantwortung für die Umsetzung übernommen haben. Durch die frühzeitige aktive Einbindung der Beschäftigten, zahlreiche Workshops und eine offene Kommunikation wurde die Grundlage für eine konstruktive, am Ergebnis orientierte Zusammenarbeit gelegt. Am Ende konnte gemeinsam der Nachweis geführt werden, dass die Berücksichtigung der individuellen Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu Lasten der Gesamt-Wirtschaftlichkeit erfolgt. Zwischenzeitlich gilt dieser Prozess der Arbeitszeitgestaltung als Leuchtturmprojekt der Partizipation im DB Konzern.
Die Entwicklung und Einführung der beiden Apps „Meine Zeit“ und „Mein Tausch“ im Bereich Bordservice, wurde durch diesen Prozess und das Zusammenspiel mit dem Projekt „Moderne Arbeitswelten“ erst ermöglicht. Nun besteht die Hoffnung, dass dieses auch im Tf-Bereich des FV zu positiven Ergebnissen führen wird.
„Wir haben die Chancen, die sich durch die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt ergeben, erkannt und die Gestaltungsmöglichkeiten, die wir als Betriebsräte haben, aktiv genutzt, um für unsere Kolleginnen und Kollegen mehr Möglichkeiten einer individuelle Dienstplangestaltung zu schaffen“, resümiert EVG-Betriebsrat Cornelis Korevaar.
Der Weg der EVG, den Betriebsräten über gute Tarifverträge die Möglichkeit zu geben, betriebliche Arbeitszeitregelungen zu vereinbaren, die sich an den individuellen Bedürfnissen und Wünschen der Mitarbeitenden orientieren, hat sich ein weiteres Mal als Erfolgsmodell erwiesen.