Deutsche Bahn wird nicht zerschlagen - EVG: Koalition muss mehr Schiene wagen!

Zum Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP erklärt der Stellvertretende Vorsitzende der EVG, Martin Burkert:

Vor kurzem stand noch die Zerschlagung des DB-Konzerns im Raum, im Koalitionsvertrag ist sie nicht mehr enthalten. Wir begrüßen, dass diese wahnwitzige und schädliche Idee vom Tisch ist. Die EVG und die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner haben klar gezeigt, dass damit eine Rote Linie überschritten würde, und das hat offenbar Wirkung gezeigt.

Dennoch heißt es für uns: Vorsicht an der Bahnsteigkante. Was die Pläne für die Deutsche Bahn konkret bedeuten, werden wir in den kommenden Monaten sehen. Die EVG ist sehr wachsam und wir werden diesen Prozess sehr kritisch begleiten. 

Das gilt auch für die anderen Aussagen im Koalitionsvertrag. Das Bekenntnis, mehr in die Schiene als in die Straße zu investieren, nehmen wir positiv zur Kenntnis. Ebenso begrüßen wir eine geplante verkehrsträger-übergreifende Finanzierung. Diesen Worten müssen aber nach Jahrzehnten der Asphalt-lastigen Verkehrspolitik nun auch endlich Taten folgen: Es muss mehr Geld in das System Schiene fließen, um den immensen Investitionsrückstau abzubauen und ein modernes und klimafreundliches Bahnangebot zu schaffen.  Wenn die Ampel-Koalition mehr Fortschritt wagen will, muss sie auch mehr Schiene wagen.

Dem neuen Bundesverkehrsminister sagen wir ausdrücklich, dass wir ihm als aufgeschlossener, aber sehr kritischer Diskussionspartner zur Verfügung stehen.

Für uns ist zentral: Ohne die Beschäftigten wird die Verkehrsverlagerung nicht gelingen. Positiv werten wir daher, dass die Tariftreue bei Vergaben gestärkt werden soll. Wir erwarten aber, dass die Anwendung repräsentativer Tarifverträge nicht nur für den Bund, sondern auch als Mindeststandards für Länder und Kommunen verbindlich vorgegeben wird. Denn dies muss auch für den ÖPNV und den SPNV und die dortigen Beschäftigten gelten. 

EVG-Ampel-Check zum Koalitionsvertrag

Der EVG-Ampel-Check zum Koalitionsvertrag von SPD, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und FDP

Wir haben uns den Koalitionsvertrag von SPD, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und FDP genau angesehen. Was ist gut, was ist schlecht an dem Werk, das für die kommenden vier Jahre die Basis für die Regierungspolitik sein soll? Im Folgenden lest ihr unsere Bewertung. Grundlage dafür sind die Anforderungen an die Parteien, die wir im Sommer 2021 formuliert haben.

Demo in Berlin: „Die DB filetieren und zerschlagen, weil angeblich der Markt alles regelt - mit uns nicht!“

Rund 1.200 Kolleginnen und Kollegen sind am 16. November nach Berlin gekommen, um vor den Parteizentralen von FDP und Grünen gegen die Trennung von Netz und Betrieb zu demonstrieren. „Die DB filetieren und zerschlagen, weil angeblich der Markt alles regelt - mit uns nicht“, sagte der stellvertretende EVG-Vorsitzende Martin Burkert auf der Kundgebung vor der Parteizentrale der Grünen.

Martin Burkert

Trotz Pandemie stehe man hier, um zu zeigen, dass man mit uns diese DB nicht zerschlagen kann. „Die Zerschlagung würde Stillstand für die Schienenpolitik bedeuten, die Klimaziele würden nicht mehr erreicht werden“, so Burkert weiter.

Man habe mit der Kampagne „Schütze deine Bahn“ schon einmal verhindert, dass die Eisenbahner-Familie getrennt werde. „An die Grünen sagen wir: Dafür, dass ihr das vorhabt, hat euch sicher niemand in diesem Land gewählt.“

„Wir sind stinksauer. Statt sich um die wirklichen Probleme zu kümmern, leben Grüne und FDP ihren Zerschlagungsfetischismus aus.“

Heike Moll, Gesamtbetriebsratsvorsitzende bei DB Station & Service
Heike Moll

Es sei falsch, die Axt an die Einheit von Netz und Betrieb zu legen, so Heike Moll, Gesamtbetriebsratsvorsitzende bei DB Station & Service. „Die Damen und Herren der Grünen wissen scheinbar nicht mehr, dass es hier um Menschen geht und nicht um Schachfiguren.“

FDP und Grüne sollten sich lieber um die Versäumnisse der letzten Jahre kümmern: Schnellere Zulassung von Fahrzeugen, schnellere Genehmigungsverfahrens, auskömmliche Finanzierung des gesamten Systems, betonte die Betriebsrätin.

Stefan Körzell

Eisenbahn sei nicht nur der, der die Lok fährt, so DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. „Das sind auch die Kolleginnen und Kollegen auf den Stellwerken und auch die, die die Züge und die Bahnhöfe reinigen. Das ist Gemeinschaft.“ 

Ja, man brauche eine Zukunftskoalition, man brauche schnelle Entscheidungen und nicht jahrelanges Gerangel. „Wir stehen an eurer Seite, auch in den kommenden Monaten.“

„Wir brauchen ein Investitionsjahrzehnt bei der Schiene.“

Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied
Jens Schwarz

„Als erste wären die Dienstleister betroffen: Sie könnten ausgelagert werden, ihr wisst, was das bedeutet. Damit würde ausgerechnet der Bund, unser Eigentümer, gute Jobs den neoliberalen Raubrittern ausliefern. Das ist ungeheuerlich und unerträglich“, machte der KBR-Vorsitzende der DB AG, Jens Schwarz, deutlich. Da werde von der Herauslösung der Netzsparte gesprochen, als ob das ein reiner Verwaltungsakt wäre.

„Wir haben das Land in der Pandemie am Laufen gehalten. Der Dank ist: Verunsicherung und fehlende Perspektiven“, so Schwarz weiter. So werde es nicht gelingen, neue Kolleginnen und Kollegen zu gewinnen, die aber brauche das Unternehmen dringend, um die Verkehrswende zu gestalten.

„Gäbe es einen funktionierenden Bahnbetrieb ohne Dienstleister? Nein, nein und nochmals nein.“

Caner Cengiz, GBR-Vorsitzender DB Services
Caner Cengiz

„Ich bin hier, weil ich laut werden muss, weil es um die Zukunft von zehntausenden Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern geht,“ sagte der GBR-Vorsitzende von DB Services, Caner Cengiz. Zu einem funktionierenden Bahnbetrieb gehörten viele Hände, die anpacken. „Liebe Politiker, fragen Sie die richtigen Experten. Wir sind hier!“

Carla Reemtsma

Unterstützung auf der Kundgebung gab es auch von Fridays for Future. „Mitten in der Klimakrise soll die Bahn zerschlagen werden: Es ist ein Skandal, was wir hier erleben. Klimafreundliche Jobs sollen für mehr Profite geopfert werden,“ rief Carla Reemtsma den Teilnehmenden zu. Die Bahn sei ein elementarer Bestandteil der sozial-ökologischen Transformation. Sie sei gelebter Klimaschutz, „deswegen steht die Klimabewegung voll hinter euch".

Kathleen Rudolph, Betriebsrätin bei der BOB

Solidarisch zeigten sich auch Vertreter*innen der so genannten NE-Bahnen. „Ich arbeite in einem Unternehmen mit guten Sozialleistungen und guten Tarifverträgen, aber die haben wir uns erkämpft und wir müssen sie uns erhalten“, sagte Kathleen Rudolph, Betriebsrätin bei der BOB. Man brauche nicht mehr Wettbewerb – „lasst es nicht zu, dass man uns spaltet. Wir sind eine große Eisenbahnerfamilie und wir müssen zusammenhalten.“

Martin Burkert und Georges Melchers

Unterstützer sind auch aus dem Ausland angereist. „Ein gut funktionierender öffentlicher Transport ist ein Grundrecht des Menschen und ist ein wichtiges Element in der sozialen Organisation eines Landes, so Georges Melchers, der Generalsekretär des Luxemburger FNCTTFEL – Landesverbands. 

In unserem Berufsfeld habe die von den europäischen Behörden erzwungene Öffnung des Schienengüterverkehrs für den Wettbewerb nur dazu geführt, dass der Anteil der Schiene am Verkehrsaufkommen gesunken sei, so sein französischer Kollege Thierry Nier von der CGT. „Es ist höchste Zeit, sich von dem liberalen Dogmatismus zu lösen, der in vielen Ländern bereits so viel Schaden angerichtet hat.“

Alle in ganz Europa würden unter den gleichen schädlichen Auswirkungen der Durchsetzung von Wettbewerb und Liberalismus leiden, so Thierry weiter. „Deshalb müssen wir, die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner Europas, uns gemeinsam dafür einsetzen, dass der Schienenverkehr wieder in Gang kommt. Aus diesem Grund ist der Verband der Eisenbahnbeschäftigten der CGT Föderation an Eurer Seite.“

„Es ist höchste Zeit, sich von dem liberalen Dogmatismus zu lösen, der in vielen Ländern bereits so viel Schaden angerichtet hat.“

Thierry Nier, Stellvertretender Generalsekretär der CGT
Uwe Hiksch

Die FDP fordere seit langem, die Bahn zu zerschlagen, weil sie eine neoliberale Ideologie verfolge, sagte Uwe Hiksch, Mitglied im Bundesvorstand der NaturFreunde. „Und das ist jetzt von den Grünen übernommen worden. Den Grünen sagen wir als Naturfreund: Erinnert euch an eure Tradition, bekennt euch wieder dazu, dass die Privatisierung der Daseinsvorsorge Teufelszeug ist.

E-Paper

Hier könnt ihr ein E-Paper zum Thema „Hände weg von der Bahn“ anschauen. In dem 12-seitigen Dokument findet ihr unter anderem Fotos und Videos, die wichtigsten Statements der Redner*innen auf der Demo, Fakten und Argumente zur Trennungsdebatte und Zitate aus dem „Meinungsbuch“ auf unserer Internetseite.

http://www.evg-online.org/haendeweg

Bildergalerie

Stimmen zur Zerschlagungsdebatte

Demonstration in Berlin

Eure Video-Botschaften - Teil 1

Kundgebung Nürnberg

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Eure Video-Botschaften - Teil 2

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