Bundesweite Nachtaktionen: Mehr Respekt für Schichtarbeitende!

Wenn Deutschland Feierabend hat, wird bei der Eisenbahn weitergearbeitet. Denn auch nachts wollen Menschen reisen, müssen Güter transportiert werden. Gleise müssen repariert, Züge gewartet werden, damit der Betrieb am nächsten frühen Morgen wieder durchstarten kann.

Schichtarbeit aber belastet Körper und Psyche - deshalb fordert die EVG in der Tarifrunde bei der DB mehr Respekt und ein zusätzliches Plus für Schichtarbeitende. Mit einer „Nachtaktion“ am Montagabend haben wir für diese speziellen Forderungen geworben.

Was Schichtarbeit bedeutet, weiß Peter Rother nur zu gut. Seit 40 Jahren arbeitet er bei der Berliner S-Bahn, seit 37 Jahren im Schichtdienst. „Wir arbeiten Früh, Spät, Nacht, sieben Tage lang“, berichtet er. „Wenn wir aus der Nacht kommen, haben wir diesen und den nächsten Tag frei und dann geht es wieder weiter.“ Nach acht Wochen gibt es fünf Tage frei, ein freies Wochenende im Monat ist garantiert. Wer in Berlin S-Bahn fährt, hat seine Stimme sicher schon mal gehört, denn als Stammaufsicht gehört es zu seinen Aufgaben, Live-Meldungen durchzusagen, falls es in dem komplexen S-Bahn-Netz eine Störung gibt. Auch heute Abend beginnt er wieder seine Nachtschicht um 22 Uhr, lässt es sich aber nicht nehmen, vorher noch Süßigkeiten, Kugelschreiber und Infozettel mit unseren Forderungen zu verteilen.

„Wenn wir aus der Nacht kommen, haben wir diesen und den nächsten Tag frei und dann geht es wieder weiter.“

Peter Rother, Berliner S-Bahn

„Es wird langsam schwieriger“, umreißt Peter die Belastungen durch den Schichtdienst. „Es ist schon oft versucht worden, den Schichtrhythmus zu verändern. Aber unseren jetzigen Schichtplan haben wir nun schon seit über zehn Jahren und man gewöhnt sich dran. Es ist ein toller Job, aber er zehrt schon manchmal an den Kräften.“

Die Betriebsgruppen von DB Vertrieb und der S-Bahn Berlin haben sich an dem Abend zusammengetan. Wir besuchen Reise- und Kundenzentren, Info-Schalter, treffen mobile und Stamm-Aufsichten, Kolleg:innen der DB Sicherheit und Kundenbetreuerinnen der S-Bahn. Die Schoko-Riegel zaubern ein Lächeln auf die Gesichter, die Info-Zettel zu unseren Forderungen werden mit Interesse entgegengenommen.

„Sie arbeiten abends, an den Wochenenden, an Feiertagen und sind immer für unsere Fahrgäste da.“

Ramona Sigwarth, DB Vertrieb

Mit voller Überzeugung ist auch Ramona Sigwarth dabei. Die Vorsitzende des Betriebsrats und der Betriebsgruppe bei DB Vertrieb kennt genau die Sorgen und Nöte der Kolleg:innen im Schichtdienst. „Sie arbeiten abends, an den Wochenenden, an Feiertagen und sind immer für unsere Fahrgäste da.“ Schichtarbeit sei für einen Rund-um-die-Uhr-Betrieb wie die Bahn unverzichtbar, „aber genau deswegen haben die Kollegen auch ein Extra an Wertschätzung verdient.“ Die Nacht-Aktion findet Ramona „herausfordernd, aber auch herausragend.

Es ist ganz wichtig, dass wir bei den Menschen vor Ort, am Arbeitsplatz sind, um unsere Forderungen noch einmal zu erklären. Klar, es gibt gedruckte Materialien, aber die Kolleg:innen sind in ihre Arbeit verstrickt und schaffen es einfach nicht, alles zu lesen. Wir müssen mit ihnen sprechen und klar aufzeigen: wir sind für alle da, aber besonders bei der Schichtarbeitenden muss das ankommen, was ihnen zusteht.“

Auch die Berliner Kolleg:innen der DB InfraGo AG, Region Ost, bekamen Montagabend Besuch von der EVG. In der Betriebszentrale Fernbahn Berlin waren Mitglieder des Betriebsrates und der Geschäftsstelle Berlin zum Schichtwechsel in den Nachtdienst für den EVG-ZUG. Der „ZUG“ ist Teil unseres Forderungspaketes in der aktuellen Tarifrunde mit der DB AG. Damit sollen vor allem die Belastungen für Beschäftigte im Schichtdienst besser abgefedert bzw. honoriert werden. Die Wirkungsweise des „ZUG“, seine Vorteile und variablen Möglichkeiten, ihn für sich individuell einzuplanen, waren die hauptsächlichsten Fragen der Beschäftigten vor Ort.

Das erste Feedback war durchgehend positiv. In den Gesprächen äußerten die Kolleg:innen zugleich die Hoffnung, dass die Ergebnisse der aktuellen Tarifrunde auf Lösungen ihrer Sorgen und Nöte einzahlen: akuter Personalmangel, unbesetzte Schichten und die Folgen des demografischen Wandels, die die Reihen in der BZ Fernbahn Ost aktuell unaufhaltsam lichten. Eine Kollegin brachte es so auf den Punkt: „Top-Arbeitsbedingungen schaffen, ausreichend Personal. Deswegen setzen wir unsere Hoffnung auf die EVG. Wir wollen endlich wieder mit verlässlichen Schichtplänen unsere Familien- und Freizeit planen können“.