Albert Dräger, geboren am 11. Oktober 1861 in Jagdhaus (Kreis Deutsch-Krone), ledig, protestantisch. Besuchte mehrere Jahre das Gymnasium. Ging [1877] nach Dresden und fand Anstellung bei der Königlich-Sächsischen Staatseisenbahn. Vom 1. Oktober 1879 bis 18. September 1883 leistete er seinen Militärdienst beim 1. Feldartillerie-Regiment Nr. 12 ab und beendete seine Dienstzeit im Rang eines Unteroffiziers.
Nahm nach seiner Entlassung sofort wieder den Dienst bei der Eisenbahn auf. Arbeitete als Wagenrücker, später als Bremser und Schaffner und lernte die Nöte der Eisenbahner, den jedwedes Koalitionsrecht versagt blieb, von Grund auf kennen (Tageslöhne zwischen 1,80 bis 2,50 Mark). Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.
Während des Sozialistengesetzes organisierten sich die sächsischen Eisenbahner in kleinen Hilfskassen ("Blumenkassen"), um informelle Kontakte auszutauschen. Rasch stieg Albert Dräger zum anerkannten Sprecher aller sächsischen Hilfskassen auf. [1888] als Vertreter in die örtliche Kranken- und Pensionskasse gewählt, die unter dem Sozialistengesetz als Kristallisationskern gewerkschaftsähnlicher Strukturen diente. Dräger arbeitete nach seiner Wahl eng mit der kleinen sozialdemokratischen Fraktion im Sächsischen Landtag zusammen und suchte mit Hilfe zahlreicher Petitionen an den Landtag, den Kontakt der Kassenvertreter auf den verschiedenen Bahnhöfen zu stärken. Sofort bei Gründung Mitglied des "Verbandes der Eisenbahner Deutschlands", der am 13. Januar 1897 auf der konstituierenden Sitzung im Hamburger Ballhaus das Licht der Welt erblickte. Dresden entwickelte sich mit seinem hohen Anteil sozialdemokratischer Eisenbahner mit gewerkschaftlichem Hintergrund schnell zum Zentrum der freigewerkschaftlicher Eisenbahnerbewegung, zumal die Behörden in Sachsen die neue Organisation zunächst gewähren ließen. Die erste große Repressionswelle gegen die Eisenbahnergewerkschaft setzte im Königreich im Frühjahr 1899 ein und traf am 25. Juli 1899 Albert Dräger "infolge seiner bei verschiedenen Gelegenheiten bekundeten sozialdemokratischen Gesinnung".
Dräger fand als Krankenkontrolleur sofort nach seiner Entlassung ein Unterkommen bei der Dresdner Ortskrankenkasse, die unter sozialdemokratischer Leitung stand. Widmete sich jetzt offen der Agitation für den "Verband der Eisenbahner", der nach einer Verfolgungswelle nur noch als eine Art Geheimorganisation im Untergrund existierte. 1905 gab er seine Stellung bei der Krankenkasse auf und betrieb als Selbständiger eine Nudelfabrikation, da die Dresdner Ärzte ihm als Krankenkassenangestellten unüberwindbare Hindernisse in den Weg legten. Der gemaßregelte Eisenbahner hatte für die SPD verschiedene Ehrenämter inne. Für den 4. sächsischen Reichstagswahlkreis Delegierter auf dem SPD-Parteitag vom 17. bis 21. September 1900 in Mainz, 1901 in das sächsische Landtagswahlkomitee gewählt, 1903 scheiterte er als Kandidat der SPD bei der Stadtverordnetenwahl in Dresden am undemokratischen Wahlrecht. Dräger galt bei der politischen Polizei als "ein ziemlich gewandter Redner", der "seit seinem Ausscheiden aus dem Eisenbahndienste sich unausgesetzt der Propaganda für die Sozialdemokratie unter den Eisenbahnarbeitern gewidmet" habe. Im Dezember 1899 bereits vom Verbandsvorsitzenden Heinrich Bürger während dessen Haftzeit zum Redakteur des Verbandsblattes "Weckruf der Eisenbahner" vorgesehen, ohne dass dessen Vorschlag realisiert wurde. Schriftführer auf der 3. Konferenz des "Verbandes der Eisenbahner Deutschlands" vom 4. bis 5. März 1900 in Berlin. Stellvertretender Leiter der 4. Verbandskonferenz in seiner Heimatstadt vom 15. bis 16. September 1901, auf der Dräger Dresden nach wie vor als mitgliederstärkste Organisation präsentieren konnte. Delegierter auf der Generalversammlung des "Verbandes der Eisenbahner Deutschlands" vom 17. bis 18. Mai 1908 im Gewerkschaftshaus in Berlin.
Mit Drägers Stimme (bei einem Verhältnis von 13 zu 11 Delegiertenstimmen) nahmen die Vertreter einen Vorschlag des "Deutschen Transportarbeiter-Verbandes" an, als eigenständige Reichssektion Schutz unter dem Dach der großen Brudergewerkschaft zu suchen. Nach der Maikonferenz bewarb sich Dräger um die ausgeschriebene Stelle eines hauptamtlichen Redakteurs des "Weckrufs". Wahl Drägers auf der gemeinsamen Konferenz von Vertretern des "Verbandes der Eisenbahner Deutschlands" und des "Deutschen Transportarbeiter-Verbandes" am 12. Juli 1908 in Berlin mit 15 gegen 5 Delegiertenstimmen. (Neuer Reichssektionsleiter Louis Brunner.) Umzug von Sachsen nach Berlin. Übernahm am 2. Januar 1909 mit der Nummer 1 des 13. Jahrgangs die Redaktion des "Weckruf. Organ für die Interessen der Eisenbahner Deutschlands. Publikations-Organ der Sektion Eisenbahner des Deutschen Transportarbeiter-Verbandes". Im Oktober 1912 Versetzung nach Chemnitz, um im Herzen der freigewerkschaftlichen Eisenbahnerbewegung koordinierende Funktionen zu erfüllen. Nach Legalisierung des freigewerkschaftlichen "Deutschen Eisenbahnerverbandes" zum 1. Juli 1916 übernahm Dräger in der nunmehr eigenständigen Organisation das Amt des Kassierers.
Gemeinsam mit Louis Brunner fungierte er als einziger besoldeter Angestellter des Verbandes. Umzug von Chemnitz in die Reichshauptstadt, wo die Organisation bis 1917 kein einziges Mitglied rekrutieren konnte. Auf der 1. Konferenz der Vertreter der Ortsgruppen, Bezirksleiter und Vorstandsmitglieder vom 28. bis 29. November 1917 konnte er bereits über eine finanzielle Konsolidierung der Organisation berichten. Auf Drägers Idee ging die Schaffung eines eigenen Verlages und einer eigenen Buchhandlung noch während des Krieges zurück. Bestätigung im Amt auf der 1. Generalversammlung in Jena vom 25. bis 31. Mai 1919. Als einziges kandidierendes Vorstandsmitglied erhielt Dräger alle Stimmen in einem Wahlakt, der durch Zerklüftungen und viele Kampfabstimmungen geprägt war. Wiederwahl auf der 2. Generalversammlung in München vom 11. bis 16. September 1922 und der 3. Generalversammlung in Köln vom 21. bis 26. Juni 1925 in Köln, die den "Einheitsverband der Eisenbahner Deutschlands" aus der Taufe hob. (Zusammenschluss mit der "Reichsgewerkschaft Deutscher Eisenbahnbeamten und Anwärter".) Dräger konsolidierte die Verbandskasse nach den schweren Geldzerrüttungen des Jahres 1923. Trat im April 1927 in den Ruhestand. Verzog nach seiner Pensionierung aus Berlin. Blieb der Organisation bis 1933 als Redaktionsmitarbeiter des "Deutschen Eisenbahners" (Spezialist für historische Themen) erhalten.
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