Sie prägen das Gesicht der Bahn; sind ein Aushängeschild für den DB Konzern und die Blitzableiter für tausende Fahrgäste täglich. Die Frauen und Männer in den DB-Reisezentren. „Uns ist es deswegen enorm wichtig, für Wohlbefinden und Teamgeist in unserem Bereich zu sorgen“, sagt Rene Bulawa, Betriebsrat bei DB Vertrieb Nordost GmbH.
„Das funktioniert primär mit Dienstzeiten, die den Bedürfnissen der Kolleginnen und Kollegen entsprechen“, ergänzt Betriebsrätin Mandy Burghardt. Insgesamt müssen sie die Wünsche von gut 400 Mitarbeiter/innen in den Reisezentren in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern unterbringen; davon rund die Hälfte Teilzeitkräfte. „Dem nicht genug, fließen unterschiedliche Öffnungszeiten, Personalstärken und teils lange Anfahrtswege mit ein“, erklärt Rene. Aus den Wunschlisten werden verlässliche Schichtpläne gestrickt, inklusive Urlaubszeiten, Sonn- und Feiertagen. Haben bislang Arbeitsmanagement, Teamleiter und Betriebsräte teils wochenlang daran gebrütet, sollen die Abläufe im Sinne aller Beteiligten noch mehr gestrafft werden. „In diesem Jahr starten wir damit“, freuen sich beide.
So werden zuerst die Kolleginnen und Kollegen über veränderte Dienstabläufe informiert. Anschließend fügen die Teams ihre individuellen Prioritäten (Urlaube etc.) ein. Somit kann jedes Team der 25 Reisezentren alle Gegebenheiten durchsprechen, diskutieren und demokratisch einen Entwurf gestalten, der noch abgenommen wird. Fertig. „Wir wollen damit lästiges und zeitraubendes Umplanen vermeiden und wieder mehr Kraft in andere Aufgaben geben“, betont Rene.
Zum Beispiel sucht DB Vertrieb händeringend neue Mitarbeiter. Manche Reisezentren müssen sogar zeitweise geschlossen bleiben, weil Personal fehlt. „In diesen Situationen merken wir immer wieder, wie wichtig die Berater sind.“ Nur der DB Konzern sträube sich offenbar in Zeiten der Digitalisierung gegen diese Erkenntnis, kritisieren die beiden Betriebsräte. Aber wird der Bahnverkehr von Schnee, Stürmen oder Hitze wieder ausgebremst, sind unsere Reiseberater für die teils tausenden gestrandeten Fahrgäste immer die ersten Helfer in der Not. Jeder ist dann froh, dass es sie gibt. Die beiden aktiven Betriebsräte wollen zufriedene Reiseberater mit guten und sicheren Job-Bedingungen. „Nur dann setzen sich die Frauen und Männer gerne an ihren Service-Tresen; freuen sich, helfen zu können und sind stolz auf ihren Arbeitsplatz! Dann klappt’s auch mit zufriedenen Kunden“, ergänzen sich Mandy und Rene.
Die beiden Gewerkschafter sind stolz auf ihre EVG; stolz auf die Erfolge, wie beispielsweise das Wahlmodell. Der direkte Draht ins Herz ihrer Gewerkschaft gehe zwar aktuell etwas verloren, sie fühlten sich auf sich alleine gestellt. Trotzdem wollten sie es nie anders gemacht haben. „Die EVG ist eine tolle Gewerkschaft. Unsere Erfolge in der Branche sprechen für sich“ betont Mandy. „Das dürften wir ruhig ein wenig lauter feiern“, schiebt Rene ein.
In schwierigen Situationen merken wir immer wieder, wie wichtig die Berater sind. Nur der DB Konzern sträubt sich offenbar gegen diese Erkenntnis.
Flexible Arbeitsformen sind sein Steckenpferd. Jörg Kohlstedt liebt alles rund um dieses Thema und was sich damit verbindet. Studien belegen, dass Mitarbeiter/innen, die sich im Büro psychisch und physisch wohlfühlen, produktiver sind. Deswegen ist es ihm wichtig, dass Büroetagen trotz aller Normen und Vorgaben zu einer dienstlichen Komfortzone für die Beschäftigten werden.
Bereits 2012 hatte der studierte Architekt bewiesen, dass das in ursprünglich rein zweckbetont geplanten Großraumbüros des neuen Hamburger DB-Komplexes Hammerbrook möglich ist. Seitdem ist „open space a la Kohlstedt“ kein Rotes Tuch mehr für deren Nutzer. Sein Team wurde deswegen 2015 für den Betriebsrätepreis 2015 nominiert.
Das nächste Bürohaus-Projekt in dieser Form steht an. Das „Lister Dreieck“ in Hannover. Auch hier werden Jörg und sein Team ihr gesamtes Know-How einbringen. „Wir müssen zunehmend flexible Arbeitsformen akzeptieren“, weiß er. Unsere Präsenz-Kultur werde sich in eine Ergebnis-Kultur wandeln. Es geht weniger um abgeleistete Anwesenheit, sondern mehr um abgelieferte Leistung.
Daraus ergeben sich Konzepte wie „Desk Sharing“ oder „Clean Desk“. Heißt: Es gibt weniger Arbeitsplätze als Mitarbeiter existieren. Jeder nutzt den Schreibtisch, der während Meetings, Home Office oder Außendiensten frei ist. Auf diese Weise werden Platz und Kosten gespart. Aber auch ein gewisses Maß an Vertrautheit.
Nach dem Bürokonzept „DB 2020“ werden Rucksack, Rollkoffer oder Filztasche als Alternative zur Privatsphäre am Arbeitsplatz angeboten, kritisiert Kohlstedt. „Niemand möchte arbeiten wie auf einem Bahnhof. Walt-Disney-Show wie bei Google, Facebook und Ebay sind ebenso unangebracht“. Jeder müsse sich am Arbeitsplatz wiederfinden. Dazu gehört, dass vom Belegungsplan, über Raumteiler und Standorte von Drucker oder Kaffeemaschine Detailwünsche akzeptiert werden. Argumentiert der Arbeitgeber mit „Standardvorgaben“, hält Kohlstedt dagegen: „Die gelten nur für Standard-Mitarbeiter. Die haben wir nicht!“
Sein Traum ist eine Tarifvereinbarung über die Beschaffenheit von Arbeitsplätzen, Bürolandschaften, Desk Sharing etc. „Dadurch würden wir künftig viel Zeit für Betriebsvereinbarungen sparen“. Er könne sich das auch als Ergänzung zu TV Arbeit 4.0 vorstellen. Dabei baut er auf die Erfahrungen der EVG als Vorreiter bei tarifpolitischen Themen. „Wir sind eine sehr aktive Gewerkschaft mit tollen Erfolgen. Arbeit 4.0 ist der Knaller“, so Jörg weiter. „Das können wir ausbauen“, ist er überzeugt.
Niemand möchte arbeiten, wie auf einem Bahnhof. Walt-Disney-Show wie bei Google, Facebook und Ebay sind ebenso unangebracht. Jeder muss sich am Arbeitsplatz wiederfinden.