Die Digitalisierung verändert viele Berufsbilder – auch bei DB Services. Jetzt können Reisende per WhatsApp entdeckte Dreckecken melden. Die Fahrgäste sind begeistert. Ob auch die Beschäftigten der DB Services, wollten wir von einem Reiniger am Bahnhof Potsdamer Platz in Berlin wissen.
Wir haben Angst um unsere Zukunft“, sagt uns Frank Zosel. „Wenn eingespart wird, dann bei uns“, empört er sich. Die jüngste Digitalisierungsoffensive gegen verschütteten Kaffee, Erbrochenes, Pappbecher oder Hundehaufen werde auch wieder Konsequenzen im Personalschlüssel haben, befürchtet er.
Zosel ist einer derjenigen, die mit ihrem Service-Wagen rund 1000 Quadratmeter täglich reinigen. Zusätzlich zum Regionalbahnhof Potsdamer Platz auch den kompletten S-Bahnhof Brandenburger Tor; teilweise alleine. Nur nachts zu Zweit. „Alles ist auf die Sekunde durchgetaktet“, so Frank. Das sei ungerecht, weil zum Beispiel Wartezeiten an Aufzügen, Fragen von Reisenden oder mehr Reinigungsaufwand zu reiseintensiven Zeiten unberücksichtigt blieben. Aber auch neuerdings die Einsätze der Dreckmelder zählen nicht in die Taktung. „Qualität, Qualität!“, heißt es immer. Wie sie erbracht werde, sei offenbar egal, sagt Zosel weiter.
Mit der Arbeitsverdichtung durch den neuen Service müssen die Reiniger alleine fertig werden. Seit 2017 in Berlin, Hamburg und Hannover getestet, soll der Service nach NRW nun auch in Bayern dauerhaft für mehr Sauberkeit auf Abruf sorgen. Schritt für Schritt wird die Dreck-weg-App auf über 240 Bahnhöfe bundesweit ausgeweitet. Inwieweit die Reiniger dem DB-Versprechen nach zügiger Beseitigung von außerplanmäßigem Unrat nachkommen können, wird sich zeigen müssen. Der gesamte Bereich Services kämpft mit einem hohen Altersdurchschnitt von knapp über 50 Jahre und analoger Schwerstarbeit im Akkord.
Wir gehören zum Konzern!
So unter anderem Graffitis beseitigen, Züge samt Wagenfenstern putzen, Sanitär- und Gastrobereiche reinlichst herrichten, Polster- und Bettbezüge reinigen oder wechseln, Abfälle entsorgen. In Zügen sowie auf Bahnhöfen. Alles strikt nach Reinigungsfibel. Nun auch per digitalem Notruf.
„Fortschritt ist gut, mehr Personal ist besser“, mahnt EVG-Fachbereichsleiter Service Bernhard Schombera in Richtung DB-Konzern. Als einer der verantwortlichen Gewerkschafter kümmert er sich seit Jahren um eine höhere Wertschätzung für diesen Bereich in allen Belangen. „Diese Beschäftigten steht wie allen anderen eine gesicherte Zukunft zu; ob bei Löhnen, Renten, oder Arbeitsbedingungen“, so Schombera. Auch für diesen Bereich greift ab Juli eine neue KBV, die er mitgestaltet hat. Mit ihr gelten die bislang strengsten Regeln bei der Vergabe von Dienstleistungen, vor allem an Fremdanbieter. Parallel kämpft die EVG seit Langem dafür, dass das Lohnniveau für die 13 Tarifgebiete der DB Services verbessert wird.
Bei all‘ dem verlässt sich Frank Zosel „auf seine EVG“, wie er sagt. Wichtig sei ihm, dass die Reiniger/-innen ernst genommen werden. „Wir gehören zum Konzern und sind keine Würfelbude, die man je nach Laune betreibt oder nicht“. Jedem, der noch unentschlossen ist, rät er Mitglied zu werden, um die Eisenbahnerfamilie stärker zu machen. Zeitgleich holt er den ausgefüllten Antrag eines Kollegen aus der Tasche und lächelt zufrieden. „Wieder einer, der zu uns gehört“.