Das Thema der sozial-ökologischen Transformation zieht sich wie ein roter Faden durch den 22. OBK des DGB. Unsere Art zu wirtschaften, unsere Art zusammenzuleben, ändert sich derzeit tiefgreifend. Dieser Wandel muss sozial und ökologisch ausgestaltet werden. Die Delegierten der EVG haben auf dem Kongress vehement dafür plädiert, die Verkehrswende als Motor der Transformation voranzutreiben.
Für eine erfolgreiche Transformation braucht es eine gute öffentliche Infrastruktur, sagte EVG-Vize Martin Burkert zum entsprechenden Leitantrag. „Hier sind massive staatliche Investitionen notwendig, auch in die Schiene. Denn die Schiene verbindet Länder, die Schiene gewährleistet den Warenaustausch, die Schiene ist sicher, schnell und klimafreundlich. Ein Güterzug ersetzt 52 Lkw! Und wenn wir den Anteil der Schiene am Güterverkehr um einen Prozentpunkt steigern, dann spart das 640.000 Tonnen CO2 – das wäre eine ökologische Verkehrswende.“ Auch in den ÖPNV müsse der Staat mehr investieren. „Denn ob zukünftig mehr Menschen das Auto stehen lassen und auf Bahn und Bus umsteigen, darüber entscheidet ein gutes flächendeckendes Angebot.
Mindestens 3 Milliarden Euro pro Jahr sind nötig, damit die Schiene fit für die Verkehrsverlagerungsziele 2030 und damit für die Verkehrswende wird.
Auch EVG-Vorstandsmitglied Cosima Ingenschay, betonte, wie wichtig es ist, die Finanzierung der Schieneninfrastruktur voranzutreiben. „Wenn es nur annähernd funktionieren soll, die Zahl der Fahrgäste auf der Schiene zu verdoppeln und die Gütermengen deutlich zu steigern, „dann müssen die Investitionen in den Aus- und Neubau jetzt massiv hochgefahren werden. Auf mindestens 3 Milliarden Euro pro Jahr – doppelt so viel wie jetzt – damit es Aussicht auf Erfolg hat.“ Der Investitionsstau in der Schieneninfrastruktur sei riesig. „Wenn die Schiene wieder zum Rückgrat unseres Verkehrssystems werden soll, müssen Strecken reaktiviert und elektrifiziert werden, Bahnhöfe saniert werden, Strecken und Fahrzeuge müssen digitalisiert werden.“
„Der Bundesverkehrswegeplan gehört auf den Prüfstand“, so Cosima. „Wir kennen das: Milliardenschwere Neubauprojekte, die gerade keinen Beitrag zur Verkehrswende und zum Klimaschutz leisten. Sein lassen. Milliarden werden auch in klimaschädliche Subventionen gesteckt. Zum Beispiel Dieselsubventionen. Die sind nicht nur verkehrspolitisch kontraproduktiv, sondern auch unsozial.“ Sie forderte auch, die Wettbewerbsbedingungen für den Verkehrsträger Schiene gerechter zu gestalten. „Bei uns zahlen die Bahnen für jeden Kilometer, für jeden Stationshalt. Und die Fernbusse fahren komplett mautbefreit.“
Lukas Mayer unterstrich, dass bei der Diskussion über die Verkehrswende auch die gesamtgesellschaftlichen Kosten der einzelnen Verkehrsträger berücksichtigt werden müssten. Eine aktuelle Studie habe aufgezeigt, dass die Folgekosten des Pkw-Verkehrs jede:n Bürger:in in Deutschland pro Jahr 5.000 Euro kosten. „Wenn man diese Kosten auf die wirklichen Nutzer des Autoverkehrs umlegen würde, könnten sich nur noch die Wohlhabendsten ein Auto leisten.“ Im Mobilitätsmix müsse der ÖPNV eine stärkere Rolle spielen. „Dafür müssen die ÖPNV-Angebote im ländlichen Raum ausgebaut werden und zwar so, dass regionale Knotenpunkte gut erreicht werden können."
Der stellvertretende EVG-Vorsitzende verwies weiter darauf, dass es auch in punkto Arbeitsbedingungen im ÖPNV Nachholbedarf gebe. „Wettbewerb wird in der Branche immer noch meist auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Der Koalitionsvertrag der Ampelregierung verspricht ‚faire Arbeitsbedingungen im ÖPNV‘. Nun gilt es, diesen Worten schnell Taten folgen zu lassen, liebe Bundesregierung!“, so Burkert. Er fordert repräsentative Tarifverträge, die bei allen Vergaben und auf allen Ebenen - also Bund, Länder und Kommunen - verbindlich vorgeschrieben werden.
Starke Worte der EVG auch zur gewerkschaftlichen Seniorenpolitik. Anders als 2018 forderte die EVG in diesem Jahr nicht die Bildung von Seniorenstrukturen auf DGB-Ebene. Vielmehr haben wir uns in den entsprechenden Antrag des DGB-Bundesvorstandes „Die Lebenssituation älterer Menschen verbessern“ eingebracht. Seit 2018 hat sich in der Seniorenpolitik des Dachverbandes viel getan, daran erinnerte die Vorsitzende der EVG-Bundesseniorenleitung, Annegret Pawlitz: es gibt mit Klaus Beck einen Seniorenkoordinator, der seniorenpolitische Arbeitskreis wurde aufgewertet, seniorenpolitische Eckpunkte erarbeitet, seniorenpolitische Anforderungen an die Parteien formuliert.
Mit dem Digitalpakt Alter hat es eine dieser Forderungen auch in den Koalitionsvertrag geschafft. „Transformation und Digitalisierung verändern nicht nur die Arbeitswelt; sie haben Einfluss auf das gesamte gesellschaftliche Leben. Und hier sind auch Seniorinnen und Senioren betroffen.“
„Bei den Veränderungen des sozialen Lebens und beim Streben nach sozialer Gerechtigkeit wollen wir nicht über uns bestimmen lassen“, so Anne weiter. „Ja, wir sind gerne Omas und Opas, aber wir haben auch noch ein anderes Leben: wir wollen mitbestimmen, über unser Leben, wir wollen ein selbstbestimmtes Leben, auch nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben."
Am Vormittag hatte der OBK einen besonderen Akzent gesetzt - mit einer Live-Schaltung nach Gelsenkirchen. Dort steht ver.di-Chef Frank Werneke mit streikenden Beschäftigten aus dem Sozial- und Erziehungsdienst in NRW. Ver.di und GEW führen dort aktuell Tarifverhandlungen. „Es geht um Aufwertung und Entlastung“, so Frank. „Die Beschäftigten in dieser Branche sind am Limit.“ In den kommenden Jahren müssten 300.000 Stellen im Sozial- und Erziehungsdienst neu besetzt werden - und das geht nur mit guten Arbeitsbedingungen und fairer Bezahlung. Der Kongress sendet ein starkes Signal an die Kolleginnen und Kollegen in Gelsenkirchen - mit Standing Ovations und der Verabschiedung eines Initiativantrags „Unterstützung der Beschäftigten in der sozialen Arbeit."