Betriebsratswahlen 2022: „Zieht durch!“
Selten haben Betriebsratswahlen unter so schwierigen Umständen stattgefunden wie in diesem Jahr. Krieg, Pandemie, Klimawandel - gleich drei Mega-Krisen überschatten die diesjährigen Wahlen. Das wurde auch bei einer Online-Konferenz der EVA-Akademie „Vorausschauende Interessenvertretung“ deutlich. Und die zeigte: Auch jetzt, gerade jetzt, ist es wichtig, zur Wahl zu gehen.
„Jetzt sieht man, was man in besseren Tagen hätte erledigen können“, brachte es EVG-Vize Martin Burkert in seinen einleitenden Worten auf den Punkt. So bei der Verkehrswende, so bei der Pflege. Er wies darauf hin, dass die EVG in dieser schwierigen Situation ihrer Verantwortung gerecht geworden ist, so als es um die drohende Zerschlagung des DB-Konzerns ging: „Wir haben uns mit dem Schneckentempo der Politik nicht zufrieden gegeben.“ Deswegen werde die EVG auch die Umsetzung des Koalitionsvertrages kritisch begleiten. „Wie wird die Koalition für Gute Arbeit sorgen? Wie wird sie klimaschädliche Subventionen abbauen? Wie will die Koalition die Konzernstruktur weiterentwickeln und bleibt sie bei ihrem Versprechen, den Hochlauf bei den Investitionen in die Schiene sicher zu stellen? Wir werden den Druck hochhalten.“
Den Faden nahm der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert als Gastreferent auf und sprach sich für eine Verkehrswende aus. „Durch die Klimakrise war die Notwendigkeit zur Transformation bereits gegeben. Das hat sich in den vergangenen Wochen noch verschärft.“ Die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu minimieren, sei derzeit in aller Munde. „Euch im Bereich der Eisenbahn kommt eine wichtige Rolle zu: nämlich aufzuzeigen, welche Möglichkeiten in der Transformation liegen.“ Transformation aber, so Kühnert, „ist immer konkret. Ob sie von den Beschäftigten akzeptiert wird, entscheidet sich auf der betrieblichen Ebene. Und deshalb gehört die Betriebliche Mitbestimmung gestärkt.“ Er wies darauf hin, dass das Betriebsverfassungsgesetz zuletzt 1972, vor 50 Jahren also, grundlegend reformiert wurde. „Es ist ein gutes Gesetz, aber es muss an einigen Stellen auch angefasst werden.“ So müsse in Zeiten des Fachkräftemangels drauf geachtet werden, wie die Erfahrungen und Kompetenzen älterer Beschäftigter erhalten werden können; bei der Digitalisierung müsse die Mitbestimmung für Augenhöhe zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten sorgen. „In diesem Sinne“, so der Appell des SPD-Politikers an die versammelten EVG-Betriebsrät:innen: „Zieht durch!“
Eine Reihe von Workshops bieten den Teilnehmenden die Möglichkeit, verschiedene Themen der Betriebsratsarbeit genauer zu beleuchten. So die Nutzung der Sozialen Medien für die Betriebsratsarbeit, Kampagnenarbeit im Betrieb oder die Gestaltung mobiler Arbeit.
„Erst wenn es brennt, wird die Bedeutung von Betriebsräten auch in der allgemeinen Öffentlichkeit sichtbar“, so EVG-Vorstand Kristian Loroch in seinem Vortrag. Das habe sich besonders in der Corona-Pandemie gezeigt: Homeoffice, Abstandsregeln, Kinderbetreuung - EVG-Betriebsrät:innen haben während der Corona-Pandemie schnell reagiert und Regelungen zum Schutz der Beschäftigten vorangetrieben. „Sie sorgen dafür, dass im Betrieb alle gerecht behandelt werden und achten darauf, dass Tarifverträge eingehalten werden.“ Ebenso werden Themen wie Beschäftigten-Datenschutz, Sicherheit, Gesundheit und die Ausgestaltung von Digitalisierungsmaßnahmen durch Betriebsräte mitgeregelt, aber auch konkrete Schichtpläne. „Als EVG treten wir in allen Betrieben in unserem Organisationsgebiet mit starken Kandidatinnen und Kandidaten an“, so Kristian. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, unsere Mehrheiten zu verteidigen und neue hinzuzugewinnen.“ Dabei komme es auf jede Stimme an. „Klar ist: Wer dem Arbeitgeber überzeugend gegenübertreten will, braucht ein starkes Mandat. Insofern ist eine hohe Wahlbeteiligung wichtig.“