Busworkshop: „Bei allen Ausschreibungen geht es immer nur ums Geld - der billigste bekommt den Zuschlag“
Das wichtigste ist Lebenszeit - in dieser Einschätzung waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des nunmehr vierten Busworkshops mit Torsten Westphal einig. Der neue Vorsitzende der EVG, der auch den Tarifbereich verantwortet, nutzte die Gelegenheit, sich in Berlin mit Vertreterinnen und Vertretern der Bahnbusse auszutauschen. Ziel sollte sein, gemeinsam Perspektiven für die Tarifrunde 2021 zu entwickeln.
„Lasst uns zusammen nach vorne schauen, der Bahnbusbereich ist ein ganz wichtiger, der genauso zur EVG gehört wie die Schiene. Das deutlich zu machen, ist uns ein persönliches Anliegen“, erklärte der neue EVG-Vorsitzende gleich zu Beginn. Vor diesem Hintergrund stellte er die Frage, ob die Bahnbusse in die 2021 zu führenden Tarifverhandlungen mit der DB AG einbezogen werden sollen - oder ob diesmal noch separate Verhandlungsrunden strategisch sinnvoller seien. Eine erste „Zukunftswerkstatt“ habe dazu kein einheitliches Bild ergeben.
Auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Busworkshops diskutierten diese Überlegung kontrovers, angesichts der zum Teil doch recht erheblichen Unterschiede bei Arbeitszeit und Bezahlung in den einzelnen Gesellschaften. Doch genau diese beiden Punkte sind es, die im Busbereich am dringendsten einer tarifvertraglichen Lösung bedürfen.
„Ich habe Kollegen, die gehen morgens um fünf zur Arbeit und kommen erst gegen 21 Uhr wieder zurück. Die sehen ihre Familie oft tagelang nicht. Statt acht Stunden am Stück zu arbeiten, sorgen geteilte Dienste oft für lange unbezahlte Tätigkeitsunterbrechungen. Die Folge sind ewig lange Arbeitstage bei zudem noch schlechter Bezahlung. Das machen die Betroffenen nicht mehr lange mit“, erklärte einer der Teilnehmer des Busseminars und brachte das augenblickliche Dilemma auf den Punkt.
„Bei allen Ausschreibungen geht es immer nur ums Geld. Der billigste bekommt den Zuschlag. Unsere Leistung zählt überhaupt nicht mehr, ebenso wenig die Verantwortung, die wir für unsere Fahrgäste tragen“, kritisierte ein anderer.
„Genau diese Themen müssen wir auf die politische Agenda heben“, machte Torsten Westphal deutlich. Wer Buslinien ausschreibe, tue das mit Steuergeldern. Daraus resultiere eine gesellschaftspolitische Verantwortung, die stärker eingefordert werden müsse. „Wenn niedrige Löhne die Menschen in die Altersarmut treiben, ist das ein Alarmsignal. Wir müssen Sorge dafür tragen, dass gewisse Standards nicht unterschritten werden.“ Ein guter Ansatz seien Tariftreuegesetze in den Ländern, doch auch da müssten noch dicke Bretter gebohrt werden.
Am Ende der gut zweistündigen konstruktiven Diskussion mit dem neuen Vorsitzenden der EVG war eines klar: ein einheitlicher „Mindestlohn“ sowie akzeptable Pausenregelungen sind im Interesse aller Beschäftigten. Ob sich daraus möglicherweise eine gemeinsame Tarifforderung entwickeln lässt, soll nun weiter diskutiert werden.
Tags zuvor hatten sich die rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des nunmehr vierten Busworkshops bereits ausführlich mit den derzeitigen Rahmenbedingungen befasst, unter denen Bus-Verkehre in den Ländern stattfinden. Kristian Loroch, seit dem außerordentlichen Gewerkschaftstag als Vorstandsmitglied für den neuen Vorstandsbereich „Beschäftigungsbedingungen“ verantwortlich, hatte zusammen mit dem Vorsitzenden der Zentralen Fachgruppe Bus, Achim Schraml, eine entsprechende Agenda erstellt.
Diskutiert wurde unter anderem die Frage, wie sich die Kolleginnen und Kollegen über die Mitbestimmung in die Strategie „Starker Bus“ einbringen können. Bemängelt wurde in diesem Zusammenhang, dass vorhandenes Fachwissen der Busfahrerinnen und Busfahrer bei der Erörterung von Sachverhalten viel zu wenig genutzt werde. „Wir erachten das als großes Manko, wir könnten in den Sachthemen schon viel weiter sein, wenn wir unsere Kompetenz stärker einbringen könnten“, machte Achim Schraml deutlich.
Jetzt liegt EVG-seitig ein erstes, auch mit dem Arbeitgeber abzustimmendes Konzept vor, das eine bessere Einbindung gewährleisten soll. Dies soll nun geprüft und - wo nötig - weiterentwickelt werden. Ein Schritt, der von den engagierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Busworkshops begrüßt wurde.
Einig waren sich diese auch in der Frage des Umgangs mit „Billigtöchtern“ im Busbereich. „Die gehören abgeschafft sind diese doch eine der wesentlichen Ursachen für den ruinösen Wettbewerb in der Branche“, so der Vorsitzende der Zentralen Fachgruppe Bus, Achim Schraml. Eine weitere Arbeitsgruppe soll in den nächsten Wochen Strategien entwickeln, wie diesem „Problem“ am besten beizukommen ist.