Europa im Fokus: EVG-Verkehrsausschuss spricht mit Giorgio Tuti (ETF)
Bei der September-Sitzung des EVG-Verkehrsausschusses ging es europäisch zu: Giorgio Tuti, Vorsitzender der Eisenbahnsektion der Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF), berichtete von der gemeinsamen politischen Arbeit der Gewerkschaften auf EU-Ebene.
Nach der Europawahl im Juni 2024 zeichnet sich ab, mit welchen Herausforderungen sich die ETF im Bereich Schiene in der kommenden Zeit beschäftigen wird. Giorgio Tuti, der ursprünglich von der Schweizer Gewerkschaft des Verkehrspersonals kommt, aber bereits seit vielen Jahren in verschiedenen Positionen bei der ETF aktiv und inzwischen Vorsitzender der Eisenbahnsektion ist, gab den Mitgliedern des EVG-Verkehrsausschusses einen umfassenden Überblick.
So berichtete er zum Beispiel von der aktuellen Lage der polnischen Güterbahn PKP Cargo, die – ähnlich wie die DB Cargo im vergangenen Jahr – unter Druck der EU-Kommission geraten ist. Ursächlich hierfür ist jahrelanges Missmanagement durch die Geschäftsführung von PKP Cargo, unter der die Beschäftigten nun zu leiden haben. 30 Prozent von ihnen wurden inzwischen zwangsbeurlaubt und erhalten nur noch 60 Prozent ihres ursprünglichen Lohns. Die Eisenbahnersektion der ETF unterstützt die betroffenen Kolleg:innen, außerdem wird aktuell an sozialpartnerschaftliche Maßnahmen auf EU-Ebene gearbeitet.
Andere Themen beschäftigen die ETF bereits seit längerem: So wird auch in der neuen EU-Wahlperiode wieder die Überarbeitung der europäischen Triebfahrzeugsführer:innen-Richtlinie („Train Drivers‘ Directive“) auf der Tagesordnung stehen, die unter anderem vorsieht, das erforderliche Sprachniveau für Lokführer:innen im grenzüberschreitenden Verkehr abzusenken. Da dadurch die Sicherheit im europäischen Zugverkehr erheblich gefährdet werden würde, hat die ETF hier inzwischen gemeinsam mit der Arbeitgeberorganisation CER eine sogenannte Gemeinsame Erklärung veröffentlicht, auf die die EU-Kommission nun antworten muss.
Darüber hinaus nannte Giorgio Tuti die Durchsetzung einer Erfassungspflicht für Arbeits- und Ruhezeiten des fahrenden Bahnpersonals als eine weitere wichtige Baustelle, mit der die ETF sich derzeit befasse. Abschließend kündigte er schon einmal eine große Demonstration für März 2025 an, bei der europäische Eisenbahner:innen ihre politischen Forderungen direkt nach Brüssel tragen werden und warb für breite Beteiligung. Sobald weitere Details hierzu vorliegen, wird die EVG natürlich informieren.
Im Anschluss des Austausches mit Giorgio Tuti befasste sich der EVG-Verkehrsausschuss wie üblich mit aktuellen verkehrspolitischen Themen aus den Landesverbänden, von Mobifair und aus der Berliner EVG-Zentrale. Unter anderem ging es dabei um den Eisenbahnertag in Nürnberg, die Untersuchung von mobifair zum SPNV-Wettbewerb und den Bundeshaushalt inklusive der EVG-Forderung nach höherer Trassenpreisförderung.