EVG Fachgruppe Ingenieur:innen: Babyboomer gehen - Was kommt?

In den letzten Abstimmungsrunden unserer Fachgruppe stand die neu gegründete DB InfraGO AG im Fokus. In einem Treffen mit dem Vorstandsvorsitzenden der DB InfraGO AG, Dr. Nagl, und dem Vorstandsbeauftragten und Leiter des DB-Konzernprogramms Digitale Schiene Deutschland, Dr. Hentschel, konnten wir die Themen besprechen, die die Ingenieur:innen umtreiben.

Wie viel „Starke Schiene“ ist in den operativen Bereichen bereits angekommen und wo ist noch Sand im Getriebe? Was läuft bereits gut und an welchen Stellen sollte nachgesteuert werden? 

Jede/r der teilnehmenden Kolleg:innen übernahm einen kleinen Vortrag, dem jeweils ein offener Austausch folgte. Wir starteten mit einer kurzen Vorstellung unserer Fachgruppe und erläuterten konzeptionelle Ansätze und Arbeitsweisen. Anschließend folgte ein kurzer Bericht über das Relaunch unserer Fachgruppenarbeit vor ca. zwei Jahren mit agilen Teams, offenen Teilnehmerrunden und verstärkter Öffentlichkeitsarbeit. 

Damals hatten wir unsere Ingenieurskolleg:innen befragt, bei welchen Themen dringend gehandelt werden müsste. Über sechzig Themen (FGI_Ergebnis Workshop 1) kamen auf diesem Weg zusammen. Diese haben wir im Laufe der Zeit priorisiert und bearbeitet. Die Quintessenz dessen haben wir einfließen lassen in den nächsten Vortrag mit Titel: 

„Arbeiten bei der Bahn“: Was wird von den Ingenieurs-Kolleg:innen positiv bewertet und wo gibt es Handlungsbedarf?

Positiv bewertet werden die Angebote bezüglich Work-Life-Balance: EVG-Wahlmodell, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sicherer Arbeitsplatz, Mitbestimmung im Unternehmen, Wechselmöglichkeit innerhalb Konzerns, partnerschaftliches, modernes Leitbild „Starke Schiene“, etc.. Handlungsbedarf gesehen wird im Bereich des stark zunehmenden Ingenieursmangels und den daraus resultierenden Spannungsfeldern: Bis 2036 gehen, statistisch betrachtet, in jeder Jahrgangskohorte rund doppelt so viele Kolleg:innen in Ruhestand wie nachkommen. 

Die Gehaltsdynamik auf dem freien Markt hat sich vor diesem Hintergrund bereits entkoppelt. Die Gehälter steigen kontinuierlich und die Sogwirkung auf unsere Ingenieurskolleg:innen, nach extern zu wechseln, nimmt stetig zu. Deshalb sehen wir Handlungsbedarf im Bereich der Beschäftigungsbedingungen und Vergütungen, die im Konzern und bei seinen Tochtergesellschaften sehr unterschiedlich gestaltet sind. Dies wird von den Kolleg:innen oft nicht nur als ungerecht empfunden, sie erhöhen in Zeiten des Fachkräftemangels auch unnötig die Wechselbereitschaft. Die Beschäftigungsbedingungen stammen noch aus „Babyboomer-Zeiten“ und müssten schnell angepasst werden. 

Beschäftigungsbedingungen verbessern

Im Rahmen des nächsten Vortrags ging es um die Details: 

  • Ungerechte Vergütung in der „600er-Säule“ Konzerntarifvertrag
  • In der 601 und 602 gibt es keine Stufen. Darüber hinaus fehlen präzise Kriterien für die Entwicklung im Band. Die, die es gibt, sind frei interpretierbar, wie: „das Projekt ist komplex“ oder „höhere betriebliche Anforderungen“. Die Auslegung dieser Faktoren seitens Führungskraft wird oft als ungerecht/ willkürlich empfunden (Nasenfaktor).
  • Gehaltsschere zwischen Neueinstellungen und Knowhow-Trägern

Vor dem Hintergrund des Ingenieurmangels wächst die Gehaltsschere zwischen Neueinstellungen und Knowhow-Trägern. Oftmals erhalten neu eingestellte Kolleg:innen eine deutliche bessere Einstufung/ Vergütung. Dieses Phänomen darf sich nicht so stark ausprägen, dass sich der Eindruck verfestigt: „Je höher der Sach- und Fachverstand, desto niedriger die Einstufung.“ Vor allem dann nicht, wenn auf kollegialer Ebene ein Wissens-Transfer zwischen Knowhow-Trägern und Neueinstellungen gewünscht wird. 

  • Ungerechte Einstufung bei ALV (Anlagenverantwortlichen)
  • Die Einstufung liegt aktuell bei der „102“ und ist eigentlich nicht mehr angemessen, wenn man es mit anderen Stellen vergleicht, die gleich oder höher vergütet werden. Die Vergütung sollte dringend angepasst werden, um die Personaldrift auf andere Stellen oder nach extern zu verringern.
  • Fachkarrieremöglichkeiten weiter etablieren (attraktiver gestalten, stärker bewerben und in Tarifverträgen verankern)
  • Fachkarriere sollte als echte Alternative angeboten werden; nicht nur als „Notlösung“ für die Kolleg:innen, denen eine Führungskarriere versagt bleibt. Neben attraktiven Fachkarrierepfaden wäre hier auch eine Gehaltsperspektive in Richtung „Vergütungsniveau von Führungskräften“ hilfreich.
  • Bessere Arbeitsbedingungen für ausländische Ingenieur:innen in der InfraGO
  • Immer wieder verlassen (eigentlich dringend benötigte) ausländische Kolleg:innen die Bahn und gehen zurück in die Heimatländer. Um dem Ingenieurmangel entgegenzuwirken, wurde angeregt, die Beschäftigungsbedingungen analog DB E&C zu verbessern, damit sie beispielsweise zeitweise von zu Hause arbeiten können.
  • Bauüberwacher werden in fünf verschiedenen Tarifsystemen unterschiedlich vergütet
  • Ist die hierfür ursächliche Konzernstruktur mit vielen Töchterunternehmen und unterschiedlichen Beschäftigungsbedingungen und Vergütungen vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels noch zeitgemäß?

Zum Abschluss besprachen wir, was die Zukunft an ambitionierten Themen für Ingenieur:innen bereithält. Das weckt unsere Neugier und Freude auf das, was da kommt. 

Wir möchten euch herzlich einladen, mitzumachen, oder inhaltlich etwas beizusteuern/ zu kommentieren. Bei Interesse einfach kurz anrufen (0151 62639965) oder eine E-Mail schicken (Norbert.Paulat@deutschebahn.com)