EVG fordert einen Schienengipfel: Die Politik fährt die Bahn aufs Abstellgleis
Der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Alexander Kirchner, hat für den Verkehrsbereich eine "erschreckend enttäuschende Bilanz" der bisherigen Regierungsarbeit gezogen. "Die Politik fährt die Bahn aufs Abstellgleis", machte er in Berlin deutlich.
Der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Alexander Kirchner, hat für den Verkehrsbereich eine "erschreckend enttäuschende Bilanz" der bisherigen Regierungsarbeit gezogen. "Die Politik fährt die Bahn aufs Abstellgleis", machte er in Berlin deutlich.
Statt die Eisenbahnen als umweltfreundlichen Verkehrsträger zu stärken, habe die Bundesregierung die völlig falschen Prioritäten gesetzt, kritisierte Kirchner. Der EVG-Vorsitzende warf insbesondere Bundesverkehrsminister Dobrindt vor, die Schiene - entgegen der Koalitionsvereinbarung - weiterhin zu schwächen und statt dessen den Straßenverkehr zu fördern.
Auf der einen Seite werde die Lkw-Maut mit durchaus zu hinterfragenden Begründungen abgesenkt - und der Güterverkehr auf der Straße damit noch billiger gemacht -, gleichzeitig werde der Bahnstrom durch die EEG-Umlage verteuert. Für eine solche Herangehensweise, die allein Energie-Mehrkosten von 120 Millionen Euro verursachen würden, gebe es weder eine ökonomische, geschweige denn ökologische Rechtfertigung. "Das ist verkehrspolitische Geisterfahrt", stellte Kirchner fest.
Scharfe Kritik übte der EVG-Vorsitzende auch am immer noch unregulierten Fernbusmarkt. Hier seien die politischen Rahmenbedingungen ebenfalls zu ungunsten des Verkehrsträgers Schiene gesetzt. Während die Eisenbahnen Trassenpreise bezahlen müssten, würden die Busse mautfrei fahren; zudem gebe es Sozialdumping bei den Busfahrern, um im Wettbewerb überhaupt bestehen zu können. Außerdem seien Fernbusse nur auf "Rennstrecken" unterwegs seien, während die Bahnen auch Randlagen bediene, in denen sich kaum kostendeckend fahren ließe. Das Aus des InterConnex von Leipzig über Berlin nach Rostock/Warnemünde des Betreibers Veolia stelle nur den Anfang der drohenden Einschränkung im Schienenfernverkehr dar.
"Eine Politik, die den Verkehrsträger Schiene stärken will, sieht anders aus", machte Kirchner deutlich. Der EVG-Vorsitzende bemängelte in diesem Zusammenhang, dass die entsprechenden Vereinbarungen im Koalitionsvertrag ganz offensichtlich nicht ernst genommen und somit auch nicht umgesetzt würden. Dafür zu sorgen sei eigentlich Sache des zuständigen Verkehrsministers. Dem fehle jedoch ein Konzept wie die im Koalitionsvertrag vorgesehene Verlagerung von Verkehrsleistung auf die Schiene umgesetzt werden solle.
Nach Einschätzung des EVG-Vorsitzenden sei jedoch nicht nur die verkehrspolitische Bilanz des ersten Regierungsjahres von schwarz/rot "eine Enttäuschung", in den nächsten Monaten drohe eine "weitere Weichenstellung in Richtung Abstellgleis". Das müsse in einer konzertierten Aktion verhindert werden.
So stehe die Finanzierung der Schieneninfrastruktur auf "tönernen Füßen", weil unter anderem die mit dem Bund vereinbarte Finanzierung über die Bahn-Dividende von unrealistischen Annahmen ausgehe. In der Frage der Regionalisierungsmittel gebe es weiterhin Streit um die Höhe der Mittel, die benötigt werden, um einen attraktiven Nahverkehr zu finanzieren. Zwischen den Notwendigkeiten aus Sicht der Länder und dem Vorstellungen des Bundes liege ein Delta von 1,2 Milliarden Euro.
"Wir fordern deshalb einen Schienengipfel, bei dem die Notwendigkeiten zur Stärkung des Verkehrsträger Schiene geklärt werden", machte der EVG-Vorsitzende deutlich. Dazu müsse der Verkehrsträger Schiene endlich gesamthaft betrachtet werden. Dies insbesondere, da in nächster Zeit wichtige Entscheidungen anstünden, die Bezug aufeinander nähmen, aber stets isoliert getroffen würden. So würden beispielsweise bei der Dividende der DB AG Trassenpreise zugrunde gelegt, die sich in dieser Höhe bei den Regionalisierungsmitteln gar nicht finden würden.
"Die Zeiten, in denen die politisch Verantwortlichen links blinken und rechts abbiegen, müssen vorbei sein", machte Kirchner deutlich. Die EVG fordere für Verkehrsträger Schiene eine klare politische Strategie, die an den Herausforderungen der Zukunft ausgerichtet sei. Schließlich ständern andernfalls zahlreiche Arbeitsplätze in der Industrie, vor allem aber bei den Eisenbahnen auf dem Spiel.
"Wer den Standort Deutschland stärken will, wer eine Energiewende will, auch um CO² Emissionen zu reduzieren, kann das nur mit mehr Eisenbahn machen - nicht aber mit weniger", so Kirchner.