EVG Frauen: Seminar in Oswiecim/Auschwitz
„Sicherlich werden wir noch lange dran zu knabbern haben“ meinte Silvia am Ende des Frauenseminars: „Faschismus und Widerstand – die Rolle der Frau im Nationalsozialismus – Opfer und Täterinnen“ in Oswiecim/Auschwitz.
Die Tage waren gefüllt mit vielen Informationen. Die selbstbewussten, couragierten Kolleginnen setzten sich im Seminar mit dem Frauenbild der Nazis auseinander: Heim und Küche, neue Soldaten gebären und den Männern im Krieg den Rücken freihalten, geehrt mit Mutterkreuz. Sie erfuhren, wie die Naziherrschaft sich mehr und mehr festigte und die Ausgrenzung von Juden, Polen, Sinti und Roma, sowjetischen Kriegsgefangenen, Menschen mit Behinderungen, Homosexuellen sowie allen Andersdenkenden, die sich nicht dem System unterordnen wollten, vorangetrieben wurde.
Ein Stadtrundgang machte die Teilnehmerinnen mit der Situation in Oswiecim zu Beginn des 2. Weltkrieges bekannt. 8.000 Jüdinnen und Juden lebten in der Stadt, nahezu die Hälfte der Bevölkerung. Nach Zerschlagung der Naziherrschaft und der Befreiung des Lagers im Januar 1945 lebten von diesen nur noch 80.
Die orthodoxe Synagoge in Oswiecim wurde erst im Jahr 2000 wiedereröffnet, dies war die einzige der 20 Synagogen, die nicht von den Nazis zerstört wurde und er-halten geblieben war.
Die Exkursionen in das Stammlager 1 und das Lager Auschwitz-Birkenau wurden begleitet durch die kompetente Führung von Eva Gorska, die sich besonders auf das Thema Frauen in Auschwitz vorbereitet hatte. Der Weg ins Stammlager führt durch einen Tunnel des Schweigens. Aus Lautsprechern vernehmen wir Opfer-Namen, Namen und Namen. Jedem einzelnen Opfer soll so mit besonderer Aufmerksam gedacht werden.
In Vorbereitung der Exkursionen hatten sich die Teilnehmerinnen des Seminars bereits mit den Opfern und der geschichtlichen Entwicklung der nationalsozialistischen Herrschaft befasst. Ein Drittel aller Häftlinge im Lager waren weiblich. Eva Gorska berichtet von dem Leben, Arbeiten und Sterben der Frauen im Lager, manche wurden gleich nach ihrer Ankunft zusammen mit ihren Kindern vergast, die Sterberate im Frauenlager war viel höher als im Männerlager. Sie schildert Geschichten vom Mut und der Solidarität unter den weiblichen Häftlingen und von der Brutalität und unmenschlichen Behandlung durch die SS-Aufseherinnen.
Der Besuch in Birkenau führt allen die fabrikmäßige Ermordung von Menschen vor Augen. Die Eindrücke sind nur schwer zu bewältigen. Jede Teilnehmerin legt eine rote Rose an den Ort, der ihr in Gedenken an die vielen Menschen besonders wichtig ist. Am Ende des Tages erinnern unsere Rosen den Opfern am Güterwagen, im Gleis an der Rampe, an der Gedenktafel zum Frauenlager oder am alten Denkmal in der Nähe der Gaskammern. Am letzten Tag des Seminars standen alle Kolleginnen noch unter dem Eindruck der beiden Exkursionen.
Nicht alle Deutschen, haben mitgemacht, nicht alle haben sich angepasst, sondern haben Widerstand geleistet und sich gewehrt. An verschiedenen Einzelbeispielen wurde herausgearbeitet, dass Widerstand möglich war und so vielen Menschen das Leben gerettet werden konnte. Edith bringt es mit der Frage „wie kann man das leugnen?“ auf den Punkt.
Diese Frage bewegt alle beim Film über die Rolle der Deutschen Reichsbahn und der anschließenden Diskussion. So viele Menschen waren an den Transporten in die Todes- und Vernichtungslager beteiligt.