EVG Frauen Stuttgart: „PASSING“ - Erinnerungskultur und Familienerbe

Die 30-minütige Outdoor-Walk-Performance „PASSING“ basiert auf der Familiengeschichte der israelisch-deutschen Choreografin Smadar Goshen. Diese Performance fand am vergangenen Sonntag in Kooperation mit dem „Zeichen der Erinnerung“ e.V. und dem evangelischen Bildungszentrum im Hospitalhof Stuttgart statt.

Die Familie war bis zur Deportation der Urgroßmutter Paula Kahn Teil der Jüdischen Gemeinde Württemberg. Paulas Weg mit der Reichsbahn in den Tod begann am 1. Dezember 1941 in Stuttgart am Inneren Nordbahnhof mit dem Ziel Riga, dem Ort ihrer Ermordung.

Die Gruppe der Performance-Besucher:innen, darunter auch einige Stuttgarter EVG-Frauen und der Tänzer:innen, begab sich auf den Weg vom Pragfriedhof bis zur Gedenkstätte „Zeichen der Erinnerung". Unterwegs hatte das Publikum die Möglichkeit, über Kopfhörer einiges über die Familiengeschichte zu erfahren und über „Zugehörigkeit“ und „Erbe“ nachzudenken, die Geschichten hinter den Deportationen etwas nachzufühlen und das Konzept von „Heimat" zu reflektieren.

Die Strecke war dem Weg nachempfunden, den viele jüdische Menschen vom Sammellager auf dem Killesberg bis zum Abfahrtsort mit der Reichsbahn in Stuttgart-Nord zwischen 1941 und 1945 gehen mussten. So wie auch viele Sinti und Roma, die ebenfalls systematisch vom NS-Regime deportiert wurden, um sie zu vernichten. So war es von den Teilnehmern auf der Wannseekonferenz in Berlin ganz „bürokratisch“ beschlossen worden.

Smadar Goshen, die von Israel nach Stuttgart zog, entdeckte den Namen ihrer Urgroßmutter Paula Kahn zufällig auf einer Gedenkwand der noch jungen Gedenkstätte „Zeichen der Erinnerung" am Inneren Stuttgarter Nordbahnhof. Drei Jahre später fragte sie sich, ob ihr Umzug von Israel nach Stuttgart Schicksal oder Zufall war:

PASSING deckt Smadar Goshens Entdeckungen und die Lücken in ihrer Familiengeschichte auf und lässt die Geschichten der jüdischen Gemeinde Stuttgarts und Württembergs in den 1930er und 1940er Jahren lebendig werden. Ergänzt werden diese Erzählungen durch sechs Tänzer:innen, die darstellen, was zwischen den Worten verborgen ist und was mit Sprache allein nicht beschrieben werden kann... Gefühle wie z.B. Schmerz, Trauer, Zerrissenheit oder Zweifel.

Der „Spaziergang“ endete an der Gedenkstätte „Zeichen der Erinnerung" und lud die Zuschauer:innen ein, den Ausgangsort der Deportationen mit der Reichsbahn zu erkunden und an all die vielen Menschen mit ihren Namen und Geschichten zu erinnern. Einen Satz von Smadar werden wir sicher nicht vergessen, sinngemäß ungefähr wiedergegeben, dass ihre ermordete Urgroßmutter Paula Kahn ein kleiner Teil von bzw. in Smadar ist ...

Die Aufführung war kostenlos, Spenden waren jedoch möglich und kommen dem Erhalt der Gedenkstätte und weiteren Forschungen zugute. Hier ein Link zur Homepage des Vereins der Gedenkstätte zum Weiterlesen oder Spenden:

http://www.zeichen-der-erinnerung.org/