EVG-Tarifvertrag zum Schutz vor Folgen der Corona-Pandemie

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und die Deutsche Bahn haben sich auf einen Tarifabschluss verständigt. „Uns war es wichtig, in schwierigen Zeiten einen drohenden Abbau von Arbeitsplätzen zu verhindern und Perspektiven für unsere Kolleginnen und Kollegen zu entwickeln. Das ist uns gelungen“, machte der designierte Vorsitzende, Klaus-Dieter Hommel, deutlich. „Unser Tarifvertrag schützt die Beschäftigten bei der DB AG bis Anfang 2023 vor den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Genau das war unser Ziel“, erklärte Hommel.

„Angesichts eines drastischen Stellenabbaus in der übrigen Wirtschaft sehen wir es als großen Erfolg an, die DB AG darauf verpflichtet zu haben, auch in den nächsten Jahren mindestens 18.000 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jährlich neu einzustellen. Das ist nötig, damit das Unternehmen auch nach der Krise handlungsfähig bleibt“, machte Kristian Loroch deutlich, der die Verhandlungen geführt hatte. Zudem gäbe es die verbindliche Zusage der DB AG, auf eine verstärkte Auslagerung von Aufgaben an Dritte zu verzichten. „Der angedrohte Giftschrank bleibt zu, die Arbeit muss, so wie wir es gefordert haben, - wo immer möglich - im Unternehmen bleiben“, stellte Kristian Loroch fest.
 
„Wir werden in den nächsten Monaten darauf achten, dass die Deutsche Bahn die vereinbarten Inhalte auch umsetzt. Unsere Betriebsräte und Aufsichtsräte werden da sehr wachsam sein. Die Personalfrage war für unsere Tarifkommissionen eine rote Linie, da geht es um Glaubwürdigkeit und Vertrauen – das muss dem Arbeitgeber klar sein.“
 
Zum Schutz vor den Folgen der Pandemie gehört auch ein großes „Corona-Paket“, das die EVG mit dem Arbeitgeber vereinbart hat. „Das ist angesichts steigender Infektionszahlen für unsere Kolleginnen und Kollegen ganz wichtig. Wir konnten betriebsbedingte Kündigungen für alle, ab dem ersten Tag der Beschäftigung, für die Laufzeit des Tarifvertrages ausschließen. Zudem haben wir bis zu 50 Tage Freistellung für Kinderbetreuung (Alleinerziehende: bis zu 100 Tage), sowie bis zu 20 Tage Freistellung für die Pflege von Angehörigen für den Fall eines erneuten Lock-Downs festgeschrieben“, machte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch deutlich.
 
Zudem sei es gelungen, trotz der folgenreichen Corona-Pandemie, eine moderate Lohnerhöhung zu vereinbaren. „Unsere Kolleginnen und Kollegen haben in den zurückliegenden Monaten dafür gesorgt, dass Bus und Bahn auch unter erschwerten Bedingungen fahren. Das muss honoriert werden“, so Kristian Loroch. Der Arbeitgeber wollte eine Lohnerhöhung von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig machen und hatte – je nach Verlauf – zwischen 0,5 und 1,5 Prozent angeboten. „Das haben die Tarifkommissionen abgelehnt und eine feste Größe gefordert. Jetzt werden die Löhne zum 1.1.2022 um 1,5 Prozent steigen“, erklärte der EVG-Verhandlungsführer.
 
„Mit diesem Tarifabschluss haben wir uns konstruktiv in das `Bündnis für unsere Bahn´ eingebracht. Im Rahmen der Tarifverhandlungen haben sich Bahn und Bund verpflichtet, ihre Zusagen einzuhalten; damit sind unsere Kolleginnen und Kollegen bestmöglich vor den Folgen der Pandemie geschützt. Wir sind stolz darauf, hier Verantwortung übernommen und unsere tarifpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten auch in schwierigen Zeiten genutzt zu haben“, so Klaus-Dieter Hommel.
 
Um das „Bündnis für unsere Bahn“ mit Leben zu erfüllen, hatte die EVG die eigentlich erst für den 1.3.2021 geplanten Tarifverhandlungen vorgezogen. Verhandelt wurden deshalb auch alle Forderungen, die ursprünglich erst im nächsten Jahr auf der Tagesordnung gestanden hätten.
 
„Auch hier konnten wir ein umfangreiches Paket vereinbaren und in der Krise neue tarifpolitische Akzente setzen“, erklärte Kristian Loroch. So sei es in schwierigen Verhandlungen gelungen, den Mindestlohn endlich in der Lohntabelle zu vereinbaren; bislang wurde dieser in den unteren Lohngruppen nur über Zulagen erreicht. „Das haben die betroffenen Kolleginnen und Kollegen bislang als beschämend empfunden. Mit ihrer Arbeit leisten sie bei Sicherheit und Service einen wichtigen Beitrag im Unternehmen und wollen nicht über Umwege erhalten, was in Deutschland mindestens an Lohn gezahlt werden muss“, so Loroch,
 
Erstmals vereinbart wurde die Honorierung der so genannten Wissensvermittler. Angesichts vieler neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Rahmen ihrer Ausbildung auch vor Ort in ihre neue Tätigkeit eingeführt werden, sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich dieser verantwortungsvollen Aufgabe annehmen, dafür eine finanzielle Honorierung erhalten. „Hier sind wir noch lange nicht am Ziel, haben in schwierigen Verhandlungen aber einen Einstieg geschafft, so dass wir den Wissensvermittler in den nächsten Tarifrunden in unserem Sinne weiterentwickeln können“, stellte Kristian Loroch fest.
 
Zukunftsweisend sei auch der neue Fonds „Mobilität & Wohnen“
, auf den sich EVG und DB AG verständigen konnten. „Angesichts von stetig steigenden Mieten in den Ballungsräumen und der Frage, wie Mobilität für Beschäftige finanzierbar bleibt, wollen wir mittelfristig Unterstützungsleistungen ausschließlich für unsere Mitglieder anbieten. Der neue Fonds bietet hierfür die organisatorische Grundlage“, erklärte Kristian Loroch.
 
Schließlich konnten auch die Tarifverhandlungen für den Busbereich abgeschlossen werden. Die Kolleginnen und Kollegen erhalten für das Jahr 2020 eine Einmalzahlung. Zudem werden die Löhne zum 1.1.2021 um 2,6 Prozent erhöht und ein (weiteres) volles Wahlmodell eingeführt. Dieses wird in zwei Stufen wirksam. Zum 1.1.2022 können erstmals 1,3 Prozent vom Lohn in drei Tage zusätzlichen Urlaub (oder eine halbe Stunde Arbeitszeitverkürzung) umgewandelt werden, zum 1.1.2023 weitere 1,3 Prozent und drei weitere Tage zusätzlichen Urlaub (oder eine weitere halbe Stunde Arbeitszeitverkürzung). Dieses Wahlmodell wird zusätzlich zum bereits vereinbarten eingeführt.
 
„Dieses umfangreiche Gesamtpaket habe wir in konstruktiven Verhandlungen innerhalb der Friedenspflicht durchgesetzt. Da die aktuellen Tarifverträge noch nicht ausgelaufen sind, hatten wir keine Möglichkeit zu streiken. Trotzdem haben wir erreicht, was uns wichtig war. Andernfalls hätten wir die Verhandlungen abgebrochen und, wie ursprünglich geplant, ab dem 1.3.2021, dann aber mit allen Optionen verhandelt, machte der EVG-Verhandlungsführer deutlich. Der neue Tarifvertrag hat eine Laufzeit vom 1.3.2021 bis 28.2.2023. Die zuständigen Gremien haben dem Tarifvertrag, nach einer erneuten, ausführlichen Bewertung, mit breiter Mehrheit zugestimmt.
 
Die getroffenen Vereinbarungen im „Bündnis für unseren Bahn“ hätten positive Auswirkungen auf die gesamte Branche. Davon profitierten alle Bahnunternehmen, machte der designierte EVG-Vorsitzende, Klaus-Dieter Hommel, mit Blick auf die Tarifverhandlungen im NE-Bereich, deutlich. „Da wird ab dem 1.3.2021 verhandelt und wir werden uns auch dort mit ganzer Kraft für zielführende Ergebnisse einsetzen. Die EVG ist die gestaltende Kraft im Bahnbereich. Das haben wir mit dem aktuellen Tarifabschluss deutlich gemacht und das werden wir mit dem Tarifabschluss im NE-Bereich im nächsten Jahr untermauern“, stellte Klaus-Dieter Hommel fest.