Hände weg vom Streikrecht! EVG solidarisiert sich mit britischen Gewerkschaften
In unserem Land ist es eine Selbstverständlichkeit: das Recht der Arbeitnehmenden, für ihre Interessen und ihre berechtigten Forderungen auch zu streiken. In vielen anderen Ländern - selbst in Europa - zeichnet sich ein anderes Bild. So will jetzt die britische Regierung das Streikrecht einschränken. Hier sagen wir ganz klar: Stopp!
Die Gewerkschaften kämpfen um mehr Geld, bessere Sozialstandards und den Erhalt von Arbeitsplätzen. Allein im Jahr 2021 wurde in 1.251 Unternehmen in Deutschland mit Streiks Druck auf die Arbeitgeber ausgeübt. Die Gewinne vieler Unternehmen steigen weltweit trotz Pandemie und Energiekrise, trotz Fachkräftemangel und steigender Rohstoffpreise. Dennoch tun sich viele Arbeitgeber damit schwer, die Beschäftigten ihres Unternehmens daran teilhaben zu lassen. Vielmehr arbeiten bestimmte Unternehmen sowie Politiker:innen und Parteien in vielen Ländern daran, massiv am Streikrecht zu kratzen. Teils erfolgreich.
Solidarität mit den Gewerkschaften in Großbritannien
Jüngstes Beispiel: Großbritannien. Das Vereinigte Königreich hat bereits seit Margret Thatcher eine der drakonischsten Streikrechtsbeschränkungen in Europa. Anfang dieses Jahres hat die britische Regierung erneut die Streikregelungen per Gesetz verschärft. So werden im Falle von Streiks Mindestanforderungen an die Grundversorgung im Verkehrswesen und im öffentlichen Dienst vorgeschrieben. Die Maßnahmen lassen sogar zu, streikende Beschäftigte zu entlassen. Diesen Beschäftigten fehlt somit jeglicher Beschäftigungsschutz. Die Wirkung von Streiks verpufft und avanciert in Großbritannien zum zahnlosen Tiger.
Die EVG kritisiert das scharf und stellt sich an die Seite der Kolleginnen und Kollegen auf der Insel. Solidarität mit Schwestern und Brüdern in Großbritannien! Streikrecht ist ein Grundrecht und darf nicht eingeschränkt werden, auch nicht unter dem Deckmantel der Daseinsvorsorge. Mindestleistungen sollten nur dort Anwendung finden, wo die Sicherheit und das Leben der Menschen gefährdet sind. Die Mitglieder der EVG sind stolz auf ihre Rolle bei der Bereitstellung von Diensten für die Öffentlichkeit und gehen nicht leichtfertig mit ihrem Streikrecht um.
Auch die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) verurteilt das britische Parlament und die Regierung aufs Schärfste: „Das Streikrecht ist ein Grundrecht auf Widerstand“, sagt der Präsident der Sektion Eisenbahn, Frank Moreels. „Die Gewerkschaften müssen weltweit die grundlegenden Beschäftigtenrechte verteidigen, indem sie diejenigen an den Pranger stellen, die sie nicht respektieren. Denn wenn sie einen von uns angreifen, greifen sie uns alle an!“
In Deutschland gewährleistet seit 1968 unser Grundgesetz in Artikel 9 das Recht zum Arbeitskampf. Organisierte Beschäftigte haben das Recht, sich abgestimmt und gemeinschaftlich für ihre Forderungen auf diesem Wege starkzumachen, bzw. sich Gehör zu verschaffen. Je mehr Kolleg:innen eines Unternehmens, ggf. einer Branche/eines Industriezweiges sich beteiligen, desto höher der Druck auf den/die Arbeitgeber. An diesen Aktionen dürfen sich auch Nicht-Gewerkschaftsmitglieder beteiligen. Niemand wird zu einem Streik gezwungen. Aber, jede/r Teilnehmer:in ist wichtig für den Erfolg.
Das Recht auf Arbeitskampf ist ein hohes Gut. Es setzt gewerkschaftliches Herzblut und ein gesundes Augenmaß voraus. Wir werden dies unter Beweis stellen, wenn wir Ende Februar für rund 50 Verkehrsunternehmen in die Verhandlungen der Tarifrunde 2023 gehen.