Lorenz Breunig: Gedenkveranstaltungen in Weilbach und Berlin

Unter diesem Motto hatte der Heimat- und Geschichtsverein Weilbach-Weckbach die EVG zu einer Gedenkveranstaltung anlässlich des 80. Todestages von Lorenz Breunig eingeladen. Auch der Berliner EVG-Ortsverband führte gemeinsam mit der VVN eine kleine Gedenkveranstaltung durch.

Lorenz Breunig ist in Weilbach geboren, seine Vorfahren lebten seit Jahrhunderten in diesem Ort. Die Gemeinde ehrt ihren Sohn seit vielen Jahren. So hat der Heimat- und Geschichtsverein sich zum Ziel gesetzt, nach seiner Lebensgeschichte zu forschen.

In der Nähe des Bahnhofs in Weilbach erinnert ein Gedenkstein an Breunig. Außerdem hat die Gemeinde eine Straße nach ihm benannt. Der Heimat- und Geschichtsverein hat sich zum Ziel gesetzt, das Andenken zu wahren und dafür zu sorgen, dass Breunigs Leistungen nicht vergessen werden.

In diesem Jahr wurde ihm zu Ehren am Gedenkstein feierlich eine Silberlinde gepflanzt. In seiner Ansprache erinnerte der Bürgermeister Robin Haseler an Lorenz Breunig und sein Schicksal. Er endete mit den Worten „Nie wieder ist jetzt“.

Wer war Lorenz Breunig?

Diesem Thema widmete sich die Abendveranstaltung im Rathaussaal der Gemeinde Weilbach. Der rührige Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins Ekkehart Schaefer berichtete von seinen Recherchen zum Leben Breunigs und dessen Familie in Weilbach. Lorenz Breunig wurde dort 1882 geboren, nach seiner Schulzeit absolvierte er eine Lehre als Dreher. Über seinen Vater, der Mitglied im Deutschen Metallarbeiterverband war, kam er früh schon in Kontakt mit der Gewerkschaftsbewegung. Nach dem Abschluss seiner Ausbildung begab er sich auf Wanderschaft im Süden Deutschlands, in Österreich und der Schweiz. 

Lorenz Breunig war offensichtlich ein kontaktfreudiger Mensch und erwarb sich das Vertrauen seiner Kollegen, indem er sich als Gewerkschafter für ihre Belange einsetzte. Bereits 1904 engagierte er sich im „Verein junger Arbeiter Mannheims“,gegen 1906 wurde er Mitglied der SPD. Während den Novemberunruhen trat er zur USPD über. Spätestens 1917 stellte ihn die preußische Staatseisenbahn in Frankfurt am Main an.

Ekkehart Schaefer zeigte auf, dass es noch viele Lücken im Lebensweg von Lorenz Breunig gibt und die Recherche nicht immer einfach sei. Erst in den letzten Tagen hätte er neue Erkenntnisse gewonnen. 

Den zweiten Teil der Abendveranstaltung nahm der Vortrag unseres Kollegen Eberhard Podzuweit ein, der sich im Rahmen seiner Doktorarbeit auch mit dem Schicksal von Lorenz Breunig befasst hat. Er berichtete, dass Breunig nach dem Wechsel zur Preußischen Staatseisenbahn als Arbeiterrat agierte und Kontakt zum Deutschen Eisenbahnverband fand. Sein starkes Engagement und umfangreiches Wissen führten dazu, dass er ab 1919 als Sekretär im Hauptvorstand, ab 1920 sogar als Vorstandsmitglied des EdED agierte. Dort war er insbesondere für den Aufbau und die anschließende Leitung der Betriebsräteabteilung verantwortlich.

1920 wurde Breunig für die USPD in den Reichstag gewählt, dem er bis 1924 angehörte. 1922 kehrte er zurück SPD. Auch als Abgeordneter legte Breunig seinen Aktivitätsschwerpunkt auf die Rechte der Arbeiter und Arbeiterinnen. Mehrfach nahm er an internationalen Kongressen der ITF teil.

Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten trat Breunig auf Druck seiner Kollegen im Rahmen der Beiratstagung vom 29. März 1933 von seinen Ämtern zurück, um der „politischen Neuausrichtung“ des Verbandes nicht im Wege zu stehen. Seinen Unterhalt versuchte er nun, als Versicherungsvertreter zu verdienen. Diese Tätigkeit ermöglichte es ihm, unauffällig Geld für politische Gefangene und deren Familien zu sammeln. Auch nahm er wieder Kontakt mit Gewerkschaftsvertretern im Ausland auf. Gemeinsam mit Franz Apitzsch baute er eine gewerkschaftliche Widerstandsgruppe auf, die unabhängig von der weitverzweigten Gruppe um Hans Jahn agierte. 

Dabei geriet Breunig mehrfach ins Visier der Nazis. Unter anderem wurde er im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens beschuldigt, den „Moskauer Sender“ gehört und „Hetzschriften“ mit ehemaligen SPD-Mitgliedern ausgetauscht zu haben. Auch seine Kontakte zu den Arbeiterorganisationen in den benachbarten Ländern führten zu Verhören durch die Gestapo.  

Gleich zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, am 1. September 1939, verhaftet die Gestapo Breunig im Zuge der Kriegs-Sonderaktion oder auch „A-Kartei-Aktion“ und verschleppt ihn zusammen mit 73 weiteren ehemaligen Gewerkschaftsfunktionären ins Konzentrationslager Sachsenhausen. Über sein dortiges Leben ist wenig bekannt.

Überliefert ist, dass er als Zwangsarbeiter bei den Heinkelwerken eingesetzt war und sich auch im KZ an illegaler Arbeit beteiligte. Er nahm an geheimen Zusammenkünften politischer Häftlinge teil, wobei er versucht haben soll, die verfeindeten Lager von SPD und KPD wieder zusammenzuführen. Bekannt ist außerdem, dass er sich wegen einer schweren Asthmaerkrankung längere Zeit im Krankenbau befand. Im Zuge der Räumung des Lagers vergasten die NS-Schergen Lorenz Breunig am 15. Februar 1945 im Industriehof des KZ Sachsenhausen.

Eberhard Podzuweit beendete seinen Vortrag mit den Worten: „Sein Leben war ein Dienst an der Arbeiterklasse“.

Die Teilnehmer:innen der Gedenkveranstaltung lauschten gespannt den Vorträgen. Im Anschluss gab es noch viele Gespräche mit den Vortragenden. Die Anteilnahme der Weilbacher Bürgerinnen und Bürger, unter denen sich auch Verwandte von Lorenz Breunig befanden, an dessen Schicksal waren ebenso spürbar wie der Stolz darauf, dass er sich den Nazis widersetzte. 

Berlin erinnert an Lorenz Breunig

Anlässlich seines Todestages führte auch der Ortsverband Berlin der EVG gemeinsam mit der VVN an seinem letzten Wohnort im Miltenberger Weg 9 in Pankow eine kleine Gedenkveranstaltung durch. Eine Gedenktafel am Wohnhaus und ein Stolperstein erinnern an den Gewerkschafter und Widerstandskämpfer. Gunter Ebertz hat den Stolperstein vor vielen Jahren gestiftet. In seiner Ansprache berichtete er über das kämpferische Leben von Breunig.

Lorenz Breunig war von 1920 bis 1933 Vorstandsmitglied des Deutschen Eisenbahner–Verbandes (DEV) bzw. des Einheitsverbandes der Eisenbahner Deutschlands (EdED), wie die Eisenbahngewerkschaft damals hieß. Von 1920 bis 1924 war er Reichstagsabgeordneter für die USPD bzw. SPD. Nach der Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933 durch die Nazis kämpfte er im Widerstand gegen die faschistische Diktatur. 

Mehrmals wurde er von der Gestapo verhört, doch er entging einer Verhaftung. Nach dem Überfall Deutschlands auf Polen wurde er am 1. September 1939 mit 73 anderen ehemaligen Gewerkschaftsfunktionären verhaftet und ins KZ Sachsenhausen verschleppt. Gunter Ebertz schloss mit den Worten: „Wir müssen alles tun, damit die Nazis nie wieder an die Macht kommen."