NS-Zwangsarbeit in der Salamander- und Eisenbahnstadt Kornwestheim – was hat das mit uns zu tun?

Die Stolperstein-Initiative Kornwestheim hat die Aufstellung einer schon längst überfälligen Gedenktafel initiiert. Diese wird ab sofort vor dem Kornwestheimer Rathaus an die ca. 3.000 Zwangsarbeiter:innen und Kriegsgefangenen erinnern, die zwischen 1940 und 1945 in den örtlichen Betrieben arbeiten mussten.

Am vergangenen Samstag konnte die Gedenktafel unter Anwesenheit zweier Söhne Vera Friedländers eingeweiht werden. Sie war eine Überlebende des Holocaust und wichtige Zeitzeugin u.a. der Zwangsarbeit im Nationalsozialismus.

Die Einweihung der Gedenktafel fand im Rahmen des 10-jährigen Jubiläums der Stolperstein-Initiative Kornwestheim statt, unterstützt von einem tollen Projekt von Schüler:innen der THRS Kornwestheim, die zum Thema forschten und das Rahmenprogramm musikalisch sehr emotional gestalteten. 

Leider können Zeitzeug:innen wie Vera Friedländer heute kaum noch selbst berichten und so wurde einer ihrer Berichte aus ihrem Zwangsarbeitsalltag von jemandem aus der Stolperstein-Initiative vorgetragen. Dabei wurde es sehr ruhig.

Aber was hat das alles mit uns zu tun? 

Die Deutsche Reichsbahn war einer der größten Zwangsarbeitgeber in der Zeit der Nazi-Diktatur. Leider sind viele Unterlagen nicht mehr vorhanden, zerstört oder beseitigt, so dass eine Forschung sehr schwierig ist. Anhand von Arbeitslisten, die man z.B. im Arolsen-Archiv finden kann, wird das Ausmaß der Beschäftigung von Zwangsarbeiter:innen aus ganz Europa sichtbar.

Allein in Kornwestheim gab es zwei Lager mit ca. 1.000 bzw. ca. 400 Personen. Sie mussten Bombardierungsschäden beseitigen und die Männer ersetzen, die an der Front waren. Die Wirtschaft Anfang der 1940er Jahre war fast nur noch auf Rüstung- und Krieg ausgerichtet. Zwangsarbeitende durften in der Regel keine Luftschutzanlagen aufsuchen, wenn es Bombenangriffe gab, daher gab es unter ihnen in und um Stuttgart viele Tote. 

Die Einweihung der Gedenktafel vor dem Kornwestheimer Rathaus kann nur ein Anfang sein, auch den zwangsarbeitenden Menschen bei der Deutschen Reichsbahn ein würdiges Andenken zu schaffen, z.B. in Form einer Stolperschwelle und um zu mahnen, wohin Kriegstreiberei, Hass, Hetze und Propaganda letztendlich führen können. 

Das wäre auch im Sinne Vera Friedländers gewesen, versicherte Frau Gneiting-Tränkle von der Stolperstein-Initiative Kornwestheim, die sie sinngemäß mit den Worten zitierte: „Bitte vergesst auch die Zwangsarbeiter der Deutschen Reichsbahn nicht!“ 

Wenn jemand Interesse hat, bei sich vor Ort zu recherchieren oder mehr über Zwangsarbeit zu erfahren, z.B. bei der Deutschen Reichsbahn in und um Stuttgart, kann er gern Kontakt mit doreen.hedt@deutschebahn.com aufnehmen.

Hinweis: Auch nach 1945 gab es „Zwangsarbeit“ auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, aber das ist wieder ein ganz anderes Thema, dem auch mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden müsste. Hier der Link zu einem Zeitungsartikel zur Einweihung der Gedenktafel.