Parlamentarisches Frühstück: Breiter Konsens für besseren Schienenverkehr
Verkehrspolitischer Jahresauftakt im Deutschen Bundestag: Mit dem Parlamentarischen Neujahrsfrühstück bat die EVG – mittlerweile schon traditionell – verkehrspolitisch interessierte Bundestagsabgeordnete zum Meinungsaustausch. Der stand in diesem Jahr unter dem Aspekt einer Bestandsaufnahme nach 25 Jahren Bahnreform.
Eine bis zum Knirschen ausgelastete und sanierungsbedürftige Infrastruktur, mangelnde Fahrzeugverfügbarkeit, schlechte Pünktlichkeitswerte, Personalmangel – in der Diagnose zum Zustand des Schienenverkehrs sind sich derzeit viele einig. Auch unter den Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen herrschte breiter Konsens: Der Handlungsbedarf ist groß und es muss wesentlich mehr Geld in das System Schiene investiert werden, um die Funktionsfähigkeit des Systems und die Qualität der Angebote auf der Schiene zu erhöhen.
- Für Michael Donth (CDU) muss die Qualität des Schienenverkehrs besser werden, damit die Kundezufriedenheit steigt. Wichtige Maßnahmen hierfür seien: Flaschenhälse im Netz beseitigen, die Digitalisierung vorantreiben, die Barrierefreiheit der Bahnhöfe schaffen.
- Wir reparieren heute die Fehler der letzten zehn, zwölf Jahre“ – so die klare Aussage von Detlef Müller (SPD), übrigens selbst gelernter Lokführer und EVG-Mitglied. „Da sind Berater ein und aus gegangen, um die Bahn auf Wirtschaftlichkeit zu trimmen. Warnungen der Eisenbahner wurden in den Wing geschlagen. Und was damals gespart wurde, müssen wir jetzt bezahlen.“ Er empfahl auch, sich die Strukturen des DB-Konzerns genau anzusehen. Vielleicht sei es notwendig, wieder größere Einheiten zu schaffen.
- In diese Richtung argumentierte auch Torsten Herbst (FDP). „Wir wollen nicht zurück zur Staatsbahn, aber wir wollen eine moderne Bahn. Und da muss man schauen, ob die Gesamtaufstellung noch zeitgemäß ist.“ Bei den Investitionen in die Infrastruktur müsse ein „großer Aufschlag“ gemacht werden: “Wir müssten eine ganze Generation Stellwerke modernisieren.“
- Sabine Leidig (DIE LINKE) plädierte für eine Bahn, „die am Gemeinwohl ausgerichtet ist und nicht am Bilanzgewinn.“ Sie wolle keine Behördenbahn, „aber die Stakeholder, also z.B. die Kunden und die Beschäftigten, müssen eine stärkere Rolle spielen.“ Verkehrswende heiße auch, den Verkehr auf der Straße zu reduzieren - derzeit geschehe aber genau das Gegenteil. „Wir brauchen mehr Geld für den Ausbau der Schiene, und dafür wollen wir auch Mittel aus der Lkw-Maut.“
- Einen großen Wurf forderte auch Matthias Gastel (B90/Die Grünen). Derzeit zeige die Politik keinen Ansatz zum Umsteuern; die Bahn sei aber „das Verkehrsmittel, auf das wir setzen müssen, um auch mehr für den Klimaschutz zu tun.“ Seine Partei sei offen für den Verkauf von DB-Tochtergesellschaften, die nichts zum Kerngeschäft beitragen. Sie stehe aber auch zur Trennung von Netz und Betrieb.
Im Namen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner „bedanke ich mich für die große Unterstützung für unsere Forderung, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen“, fasste der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner die Statements der Fachpolitiker/innen zusammen. Es gebe „ein gemeinsames Verständnis, dass wir mehr Geld für das System Schiene brauchen, weil wir mit den bestehenden Mitteln die Probleme nicht lösen können.“
Allerdings: Dieses Geld zur Verfügung zu stellen, ist Aufgabe der Haushaltspolitiker/innen. An die Verkehrs-Expert/innen richtete der EVG-Vorsitzende daher die „herzliche Bitte, sich dafür einzusetzen, dass ausreichend Geld zur Verfügung gestellt wird, um zunächst mal das Bestandsnetz zu sanieren.“ Eine große Aufgabe: „Wir brauchen 20 bis 30 Jahre, um wieder einen Normalzustand zu erreichen.“ Und darüber darf die weitergehende Aufgabe nicht aus den Augen verloren werden: eine echte Verkehrswende. „Wir unterstützen das Ziel, das Klima zu schützen. Und das geht nur mit mehr Bahnverkehr.“