Versuchter Lohnraub: Protest von Lkw-Fahrern erfolgreich
Mehr als sechs Wochen haben rund 60 Lkw-Fahrer aus Georgien und Usbekistan gestreikt und auf der hessischen Autobahn-Raststätte Gräfenhausen gegen den Versuch des Lohnraubs durch ihre Auftraggeber protestiert. Am Ende mit Erfolg: Alle Fahrer haben das geforderte Geld erhalten.
Die Fahrer waren ohne Arbeitsvertrag als „Selbständige“ angeworben worden und sind für 80 € am Tag über Monate hin weit weg von Zuhause in ganz Europa unterwegs. Selbst diese 80 Euro wollte ihr Auftraggeber, eine polnische Spedition, ihnen vorenthalten. Nachdem die Fahrer in den Streik getreten waren, versuchte die Spedition, sie auf alle erdenkliche Weise unter Druck zu setzen. Kurz vor Weihnachten konnte die hessische Polizei mit einem Großaufgebot gewalttätige Übergriffe durch Schlägertrupps auf die Lkw-Fahrer verhindern.
Entscheidend für den Erfolg war nun, dass es gelungen ist, multinationale Unternehmen, die mit der Spedition Verträge geschlossen haben, sowie europäische Institutionen dazu zu bewegen, die Verantwortung für eklatante Verstöße gegen Arbeitnehmerrechte in ihren Lieferketten und auf europäischen Straßen zu übernehmen.
Gewerkschafter:innen aus Deutschland und den Niederlanden unterstützten gemeinsam mit dem DGB-Beratungsnetzwerk Faire Mobilität die Lastwagenfahrer vor Ort. Die DGB-Region Südhessen organisierte Spenden von Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs.
"Nicht nur die ungebrochene Solidarität unter den Fahrern, sondern auch in der Region, in Deutschland, aber auch international waren ein Garant für den Erfolg“, bilanziert DGB-Vorstand Stefan Körzell. „Zusammenhalt zahlt sich aus, das hat sich hier erneut bestätigt.“
Laut dem Verein Sozialmaut e.V., der die Fahrer ebenfalls tatkräftig unterstützt hat, sind solche windigen Beschäftigungsverhältnisse leider kein Einzelfall. Die Spediteure umgehen damit die Verpflichtung, gesetzliche Mindestlöhne zu zahlen. Sozialmaut e.V. setzt sich dafür ein, die sozialen Bedingungen der Lastwagenfahrer:innen zu verbessern. „Was hier passiert“, sagt der Gründer und Vorsitzende des Vereins, Alexander Kirchner, „ist nur die Spitze des Eisberges von Lohndumping und unmenschlichen Arbeitsbedingungen auf Europas Straßen.“ Insbesondere Speditionen aus Osteuropa suchen ständig nach Möglichkeiten, gesetzliche Normen zu umgehen. „Wir wollen“, so der frühere EVG-Vorsitzende, „die bundesdeutsche Politik dazu bewegen, für mehr soziale Rahmenbedingungen für Fahrer:innen, zumindest auf deutschen Straßen, zu sorgen.“ Deswegen fordert der Verein, einen Teil der Einnahmen aus der LKW-Maut – und zwar 1 Cent je gefahrenem Kilometer - zur Finanzierung von minimalen sozialen Rahmenbedingungen für Fahrer:innen aufzuwenden.