Was wird aus dem Reisezentrum im Potsdamer Hauptbahnhof?
Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht Negativmeldungen über die Deutsche Bahn die Runde machen. Als wenn die fehlende Pünktlichkeit, die fehlenden Personale, die fehlenden Investitionen in Material und Schiene noch nicht ausreichten, sorgt jetzt die Geschäftsführung der DB Vertrieb mit dem Potsdamer Reisezentrum für einen neuen Eintrag in die „Chronique scandaleuse“.
Nachdem der Online-Dienst der Märkischen Allgemeinen Zeitung über die Neuaufstellung des Reiszentrums im Potsdamer Hauptbahnhof berichtete und über den Rückzug der Bahn informierte, herrscht unter den Bahnbeschäftigten Wut und Unverständnis. In einer Betriebsversammlung hatten zuvor die Verantwortlichen der Vertrieb GmbH mit dürren Worten die Veränderung angekündigt und die ViP (Verkehrsbetriebe in Potsdam) als neuen Betreiber vorgestellt. Den betroffenen Kolleginnen und Kollegen stellte man in Aussicht, eventuell zu dem neuen Betreiber zu wechseln oder gegebenenfalls auch zur S-Bahn Berlin oder zu einem anderen Reisezentrum in Berlin. Nichts Genaues weiß man nicht.
In dieser Vorgehensweise der Geschäftsleitung sieht die Belegschaft einen immensen Verstoß gegen die Unternehmenskultur und das Betriebsverfassungsgesetz. Warum hat die Geschäftsleitung nicht im Vorfeld die Möglichkeiten einer Weiterbeschäftigung sondiert, um die neue Situation mit den Betroffenen zu besprechen und Alternativmodelle zur Weiterbeschäftigung vorzustellen? Warum werden die Regularien einer selbst verordneten Unternehmenskultur derart mit Füssen getreten? Sieht so die Wertschätzung für die langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Reisezentrums aus?
Das verantwortliche Management der DB Vertrieb möchte die Kollegen behandeln wie Marionetten, die man beliebig hin und her bewegen kann. Die Bedürfnisse des Augenblicks bestimmen ihr Handeln, darin jegliche Verantwortungsethik zu fehlen scheint.
Der Betriebsrat hat jedenfalls erste Konsequenzen gezogen und in einem umfangreichen Fragenkatalog die Arbeitgeberseite aufgefordert, Stellung zu beziehen und alle offenen Fragen zu beantworten. Ebenso hat die EVG-Betriebsgruppe angekündigt, diese unternehmerische Entscheidung nicht hinnehmen zu wollen und ihren entschlossenen Widerstand zum Ausdruck gebracht.
Selbst in der Potsdamer Bevölkerung machen sich Zweifel breit, wer die Kundenberatung in Zukunft übernehmen könne und vor allen Dingen in welcher Qualität. Die Landeshauptstadt Potsdam wird bis zum Jahre 2035 auf 220 000 Einwohner anwachsen. Dem entsprechend werden auch die Verkehrsleistungen zunehmen. Deshalb sieht die Märkische Allgemeine Zeitung den Rückzug der Bahn aus der Beratungs- und Verkaufsverantwortung im Potsdamer Hauptbahnhof als „fatales Zeichen“ an.Wir sehen darin nicht nur ein „fatales Zeichen“ sondern einen riesigen verkehrspolitischen Fehler, der sich zu einem Armutszeugnis erster Güte verdichtet und die Deutsche Bahn weitere Sympathiepunkte kosten wird, denn die Serviceleistungen eines Unternehmens sind auch die Gradmesser für deren Erfolg und Glaubwürdigkeit.
(EVG Betriebsgruppe Vertrieb Berlin/Rostock)