Wer die Zukunft schuf, bleibt unvergessen
Im nationalsozialistischen Terrorsystem nahm das KZ Sachsenhausen eine spezielle Rolle ein. Es war das „KZ der Reichshauptstadt“. Zahlreiche Gewerkschafter waren hier inhaftiert. Der DGB erinnerte in einer Feierstunde an die Befreiung des Lagers vor 70 Jahren.
Manchmal sind es nur fünf Worte, die den Unterschied ausmachen zwischen der Hölle und dem Leben. „Ihr seid frei, meine Brüder.“ Mit diesem Satz begrüßte ein polnischer Soldat vor 70 Jahren die befreiten Häftlinge im KZ Sachsenhausen.
Das Konzentrationslager bei Oranienburg, 35 Kilometer von Berlin entfernt, wurde bereits während der Olympischen Spiele 1936 errichtet. Bis zur Befreiung durch russische und polnische Soldaten im Frühjahr 1945 waren hier mehr als 200.000 Menschen inhaftiert: u.a. russische und polnische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, Gewerkschafter, Homosexuelle, Behinderte, Geistliche, Sinti und Roma. Das Totenbuch verzeichnet 22.000 Namen, darunter auch die von Hermann Jochade und Lorenz Breunig, Vorstandsmitglieder des Einheitsverbandes deutscher Eisenbahner (EdED). 2008 ließ der DGB in Sachsenhausen einen eigenen Gedenkstein errichten.
Wenige Kilometer entfernt wurde bereits 1934 der Schriftsteller Erich Mühsam ermordet. Von ihm ist ein Satz überliefert, den die Musikerin Isabel Neuenfeld zum Motto ihrer musikalischen Umrahmung der Gedenkstunde nahm: „Wer die Zukunft schuf, bleibt unvergessen. Erst die Geschichte hält Gericht.“
Und Zukunft schufen sie, die inhaftierten Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in Sachsen-hausen und Buchenwald, in Neuengamme und Ravensbrück und in den anderen mehr als 3000 Lagern und Haftstätten des nationalsozialistischen Terrorsystems. „Die Gewerkschafter, die den Terror überlebten, haben uns eine zentrale Botschaft hinterlassen“, so DGB-Vorstand Stefan Körzell. „Aus der Erfahrung heraus, wohin die Zersplitterung der Gewerkschaften geführt hatte, gründeten sie die Einheitsgewerkschaft.“
„Erinnern heißt nicht nur nicht vergessen“, so Körzell weiter. „Sondern auch die Ver-pflichtung zum Handeln über diesen Tag hinaus.“ Der Ort zwinge zur Demut. „Er verpflichtet uns zu rechtzeitigem Handeln gegen Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus.“ Nötig sei eine Stärkung der Zivilgesellschaft, aber auch klares Eintreten gegen rechte Gewalt, „damit es nie wieder heißen kann: zu spät.“