S-Bahn Berlin: Sechs Partner – Vier Jahre – Zwei Länder - Eine Ausschreibung

Geht es nach dem Berliner Senat, steht der S-Bahn Berlin eine sichere Zukunft bevor. Dafür wird aktuell eine (Teilnetz-) Ausschreibung vorbereitet. Die Beschäftigten der S-Bahn Berlin GmbH sehen das anders und in eine wackelige Zukunft.

„Ist das alles gut durchdacht?“ Unter diesem Motto wollte die EVG und ihre Betriebsräte der S-Bahn, eindeutige und vielleicht sogar neue Antworten auf ihre seit Langem bestehenden Fragen. Dazu hatte der Landesverband Berlin zu einem parlamentarischen Abend mit Landespolitikern aus Berlin und Brandenburg, Wissenschaftlern, Juristen und Vertretern der S-Bahn Berlin geladen.

„Täglich werden 1,5 Millionen Menschen in einem sicheren System S-Bahn befördert“. Das mache die geplante (Teilnetz-) Ausschreibung künftig sehr viel komplizierter, mahnte Robert Seifert, Vorsitzender der Betriebsgruppe der Berliner S-Bahn. „Berlin und Brandenburg müssen dringend die Losaufteilung und die geplanten Bedingungen bei Betriebsübergang überdenken“. Gerade diese sind nicht verpflichtend ausgeschrieben. Hieße im Falle eines Betreiberwechsels, dass vorhandene Tarifregelungen und aktuelle Arbeitsbedingungen in Frage stehen.

„Selbstverständlich bekennen wir uns zum Wettbewerb“, so der Vorsitzende der EVG, Alexander Kirchner. Nur müsse er fair sein. „Nicht unsinnig“! Und genau das wäre es, sollte die S-Bahn so ausgeschrieben werden, wie es bis jetzt bekannt ist: 

 

  • Ein integriertes System wird in vier Losen ausgeschrieben
  • Die verpflichtende Übernahme der Beschäftigten zu den bereits bestehenden Tarifregelungen fehlt
  • Fehlender Fahrzeugpool
  • Keine „Call“-Funktion, mit der im Notfall die Übernahme durch die Öffentliche Hand jederzeit möglich ist

„Wir wollen einen für alle bezahlbaren ÖPNV in der gesamten Region“, bestätigt Brandenburgs Verkehrsministerin Kathrin Schneider den Appell von Alexander Kirchner. Prämisse habe dabei die Sicherung der Arbeitsplätze. Kritisch hinterfragte die Ministerin die aktuelle Rechtsform des Unternehmens S-Bahn Berlin als Tochter der DB AG. Hier stehe Wettbewerb und Gewinnorientierung ganz oben auf der Agenda. „Veraltete Technik bei Netz und Betrieb ist für Unpünktlichkeit und Ausfälle verantwortlich“. Dies sei nicht durch eine Ausschreibung wegzubekommen, so Schneider.

Auch seine Partei halte an der verpflichtenden Übernahme bei Betreiberwechsel zu den vorhandenen Konditionen fest. „Das ist ein ganz klares Kriterium“, so der frühere Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf (LINKE). Sorge bereite ihm, dass Fahrzeugbeschaffung und -instandsetzung vom Betrieb getrennt werden sollen. Ein Kompromiss der Koalition mit dem Land Brandenburg. In der Praxis heißt das: Die Fahrzeuge haben eine Laufzeit von 30 Jahren – der Betrieb ist für 15 Jahre ausgeschrieben. Deswegen bestehe die LINKE auf eine Lösung für eine verpflichtende Übernahme für alle Beschäftigten 

In der weiteren Diskussion war auch die Situation der vorhandenen Werkstätten Thema. Zum geplanten und aus Sicht der Auftraggeber benötigten und verpflichtende Werkstattneubau Schönerlinder Straße, gab es durchaus unterschiedliche Auffassung der Teilnehmenden. Sollten wie vorgesehen Ende 2026 neue Fahrzeuge in Berlin rollen und dieses Werk verpflichtend errichtet werden müssen, wäre dieses das Ende etlicher Werkstattstandorte in Berlin und Brandenburg.

Ausbildungs- und Schwerbehindertenquoten, die integrierte Dienstleistung, Taktverdichtung und weitere technische Punkte wurden diskutiert. Der Abend endete nach einer offenen und konstruktiven Diskussion ohne klare Bekenntnisse der eingeladenen Teilnehmer*innen. Es wurden die (hausgemachten) Probleme der ausschreibenden Behörden erneut sichtbar. Die S-Bahn Berlin ist ein Inselbetrieb. Der Berliner Senat und das Land Brandenburg sollten sich die Fachleute des Betriebes an die Seite holen, um eine sinnvolle und nachhaltige Ausschreibung zu gestalten. Im Sinne der Kunden, der Beschäftigten und der Zukunft.

Robert Seifert brachte es zum Abschluss der Diskussion auf den Punkt: „Egal, wie es läuft, gebt uns das Gefühl, dass unsere Jobs sicher sind!“ Im Ende gehe es darum, den Kunden eine gute und bezahlbare Leistung zur Verfügung zu stellen. „Dabei darf aber kein Beschäftigter auf der Strecke bleiben“, bestätigte Alexander Kirchner.