Die EVG blickt nach Europa. Die bevorstehenden Wahlen zum EU-Parlament bildeten einen Schwerpunkt der gemeinsamen Wahlkreiskonferenz der EVG in Nordrhein-Westfalen. Dafür hatte sich der Landesverband NRW zwei Gäste eingeladen, die klare Schwerpunkte setzten.
Ein engagiertes Plädoyer für ein soziales Europa hielt der SPD-Bundestagsabgeordnete Dietmar Nietan. „Es gibt einen European Way of Life und den müssen wir verteidigen und ausbauen.“ Als Markenkern dieses Way of Life sieht der SPD-Politiker die soziale Dimension. „Europa darf sich nicht nur um den Krümmungs-winkel von Bananen kümmern, sondern um armutsfeste Mindestlöhne.“ Obwohl es Fehlentwicklungen in Europa gegeben habe, „ist es richtig, dass wir gemeinsam dafür eintreten, dass Arbeitnehmerrechte zu einem europäischen Thema werden.“
Viele der heutigen Probleme in Europa hätten mit dem Siegeszug der neoliberalen Ideologie in den 90er Jahren zu tun: schlanker Staat, niedrige Steuern, die schwarze Null, die Kräfte des Marktes. „Heute sehen wir: Der Markt kann eben nicht alles besser. Wir erleben einen Investitionsstau und der Staat hat Probleme, die Daseinsvorsorge zu organisieren.“ Es sei aber der Staat, der für gleiche Lebensverhältnisse in allen Regionen sorgen müsse. Dazu gehöre auch ein gut ausgebauter Schienenverkehr und ÖPNV.
Germany first, Poland first, France first – wer glaubt, wir könnten unsere heutigen Probleme mit einem Zurück zum Nationalstaat lösen, der ist doch mit dem Klammerbeutel gepudert. Zwischen Blöcken wie den USA und China würden wir zerrieben werden.
„Lasst Europa nicht rechts liegen“ - so auch der klare Appell auch von Anja Weber, Vorsitzende des DGB-NRW. „Gebt am 26. Mai eure Stimme für ein soziales und demokratisches Europa ab.“ Die Konzerne agieren seit langem schon grenz-überschreitend – „ob wir diese Entwicklungen beeinflussen können, entscheidet sich auch im EU-Parlament.“ Es gebe heute kaum noch ein Thema, das im national-staatlichen Rahmen zu lösen ist.
Der Slogan des DGB für die EU-Wahl – Europa: Jetzt aber richtig – sei auch auf das Handeln der Gewerkschaften selbst gemünzt. „Auch wir müssen uns mehr um Europa kümmern."
Zuvor hatte EVG-Vorstandsmitglied Martin Burkert einen Blick auf unsere aktuelle Kampagne „Mehr Bahn für die Menschen“ geworfen. Mit einer einzigen Zahl verdeutlichte er die ganze Misere: „Jeden Tag stehen in Deutschland im Schnitt 100 beladene Güterzüge und können nicht abgefahren werden.“ Ein Beispiel für Managementversagen, aber auch für die Misere des Schienenverkehrs in Deutschland insgesamt. „Es fehlen Loks, es fehlt an Wagenmaterial und es fehlt vor allem an Personal.“
Viele Ziele der Bahnreform sind nicht eingetroffen, gleichzeitig stehen aber die Chancen für die Schiene stehen so gut wie lange nicht. Der aktuelle Koalitionsvertrag hat gute Ziele gesetzt; Beispiele wie die Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin-München zeigen, dass die Menschen gute Angebote annehmen. Gleichzeitig aber altert die Schiene, weil die Infrastruktur grotesk unterfinanziert ist.
Deshalb kommt es auf die richtigen finanziellen Weichenstellungen in der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung für 2020-2024 (LuFV III) und im Bundeshaushalt 2020 an. Bei der LuFV laufen derzeit die Verhandlungen - mit Licht und Schatten“, so Martin. „Es gibt positive Entwicklungen, aber es ist jetzt schon absehbar, dass die Ausstattung der LuFV III nicht ausreichen wird, um den Turn-Arount zu schaffen.“
„Die Politik muss konkretisieren, welchen Zielzustand sie sieht und wie dieser erreicht werden soll“, so Martin. „Und das wollen wir mit unserer Demonstration am 20. Mai in Berlin sehr deutlich machen.“