Der 3. Ordentliche Gewerkschaftstag der EVG wurde am Vormittag für eine eindrucksvolle Demonstration vor dem Bundesverkehrsministerium unterbrochen. Die Kongress-Teilnehmenden haben gemeinsam mit Beschäftigten aus dem ganzen Bundesgebiet für die Förderung des Schienengüterverkehrs protestiert.
„Wir brauchen die Verkehrswende, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen“, so der EVG-Vorsitzende Martin Burkert. „Doch Verkehrsminister Wissing verschläft diese Wende. Deshalb sind wir hier und wecken ihn auf.“ Hintergrund: der Entwurf für den Bundeshaushalt 2023 und die Finanzpläne bis 2026 sehen eine Reduzierung bei der Förderung des Einzelwagenverkehrs im Bundeshaushalt 2022 von 80 auf 40 Millionen Euro vor. Schrittweise soll die Förderung bis 2026 ganz abgeschafft werden.
Wenn diese Pläne umgesetzt würden, wäre ein Verkehrschaos zu erwarten. Außerdem wären Zehntausende Arbeitsplätze in ganz Deutschlande gefährdet. „Wer die Axt am Güterverkehr anlegt, der wird unseren Widerstand spüren,“ so Burkert.
Auch der GBR-Vorsitzende von DB Cargo, Jörg Hensel, betonte, dass nicht nur bei DB Cargo selbst, sondern auch in der Infrastruktur Tausende Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden. „Hier ganz in der Nähe ist eine Dinosaurier-Ausstellung – da gehören die Politiker hin, wenn sie ihren Kurs nicht ändern.“ Durch Lieferkettenprobleme würden sich auch die Preise verändern. „Die Arbeiter leiden unter den Fehlentscheidungen der Politik“, so Hensel weiter. „Alle Räder stehen still, wenn unser starker Arm es will - wenn sich die Politik nicht ändert, werden wir mal ein paar Tage die Züge nicht fahren lassen."
Auch der Arbeitsdirektor der GMH Gruppe, Alexander Naujoks, warnte vor Kürzungen bei der Förderung des Schienengüterverkehrs. Die Unternehmensgruppe ist führend in der Stahlindustrie. „Ohne euch steht die deutsche Industrie still“, rief er den Teilnehmer:innen der Kundgebung. „Wenn wir klimaneutralen Stahl produzieren sollen, geht das nur über die Schiene.“ Es sei fassungslos darüber, dass Förderungen in diesem Bereich gestrichen werden sollen. Auch Tilman Benzing vom Verband der Chemischen Industrie unterstütze die Forderungen der EVG und betonte die Bedeutung des Schienengüterverkehrs für die Branche: „Unsere Logistik kann nicht auf LKW umgestellt werden und das wollen wir auch nicht.“ Der Einzelwagenverkehr sei das Rückgrat der Chemischen Industrie.
Stephan Ahr, KBR-Vorsitzender der Saarstahl AG unterstrich die Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen von DB Cargo und der EVG. „Ohne euch stehen die Räder bei uns still.“ Sie seien langjähriger Partner von DB Cargo: „50% geht über den Einzelwagenverkehr, wir hängen eng mit euch zusammen“, betonte er. Arbeitsplätze abzubauen sei kontraproduktiv und gelte es abzuwenden. In der Stahlindustrie stünden Zigtausende Jobs auf dem Spiel. „Legt euch nicht mit Stahlarbeitern an und nicht mit DB Cargo“, rief er den Kundgebungsteilnehmern zu.
Spontan auf die Redner-Bühne wurde Janine Wissler geladen, die Bundesvorsitzende der Partei Die Linke. Die sicherte volle Unterstützung ihrer Partei zu. „Wir wollen den Güterverkehr auf der Schiene ausbauen und nicht umgekehrt.“Auch Michael Theurer, der Bahn-Beauftragte der Bundesregierung, ist auf die Bühne gekommen. Er sprach sich für einen nationalen Schulterschluss für die Schiene aus: „Bin der Meinung, dass die Schiene eine starke Lobby braucht“, so der Staatssekretär. Investitionsrückstände müssten abgebaut und die Rahmenbedingungen beim Wettbewerb geändert werden. „Wir müssen die Schiene automatisieren und digitalisieren, damit der Güterverkehr zukunftsfähig wird.“ Klimaziele könnten nur mit Hilfe der Schiene erreicht werden.
Als letzter Redner trat Pit Terjung von Fridays for Future Berlin auf. „Soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz gehören zusammen“, betonte er. Die Verkehrswende stünde auf dem Spiel: „Wir haben den Ernst der Lage verstanden, aber in der Politik gibt es aktive Rückschritte.“ Im Verkehrsbereich dürfe nicht gekürzt werden und Prioritäten müssten anders gesetzt werden. „Wer heute nicht investiert, der zahlt morgen drauf,“ rief er in Richtung Politik.
Man habe gesehen, dass die Chemie- und die Stahlindustrie vom Schienengüterverkehr abhängig sind, so der EVG-Vorsitzende an Ende der Veranstaltung. „Wir sind systemrelevant in diesem Land - das ist heute deutlich geworden und wenn die Weichen nicht richtig gestellt werden, kommen wir wieder.“