Der Tag der Arbeit stand in diesem Jahr ganz im Zeichen der Wahlen zum Europäischen Parlament. Europa – jetzt aber richtig - so lautete der Slogan des DGB. Bundesweit haben sich über 380.000 Menschen an rund 480 Veranstaltungen und Kundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes beteiligt.
Auf der zentralen Kundgebung in Leipzig erinnerte der DGB-Vorsitzende Rainer Hoffmann daran, dass die deutsche Wiedervereinigung auch Europa zu verdanken sei. Gleichzeitig kritisierte er, dass es 30 Jahre später nicht gelungen ist, gleichwertige Lebensverhältnisse zwischen Ost und West herzustellen.
Zur Realität in den ostdeutschen Ländern gehöre es, dass nur noch 44 Prozent der Beschäftigten unter den Schutz von Tarifverträgen fallen. Im Westen sei die Tarifbindung mit 57 Prozent unwesentlich besser. „Wir werden es nicht hinnehmen, dass die Kapitalisten nahezu täglich Tarifflucht betreiben“, so Hoffmann. Deshalb forderte er unter anderem, dass Fördergelder und Investitionshilfen nur noch an Firmen vergeben werden, die Tariflöhne zahlen.
Das vereinte Europa ist seit Jahrzehnten Garant für friedliches Zusammenleben auf unserem Kontinent.
Zur Wahl zum europäischen Parlament am 26. Mai forderte er ein sozialeres Europa, dass in der Lage ist, die tiefen Umbrüche unserer Zeit im Interesse der Menschen zu gestalten. „Das vereinte Europa ist seit Jahrzehnten Garant für friedliches Zusammenleben auf unserem Kontinent“, sagte der DGB-Vorsitzende. Allerdings sei die EU seit Jahren in keiner guten Verfassung. Angesichts der tiefen Umbrüche brauchen wir aber „ein starkes Europa, das seinen Bürgerinnen und Bürgern Schutz und Sicherheit bietet“, so Hoffmann. „Wir brauchen ein Europa, das für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen sorgt“. Hoffmann forderte dazu auf, am 26. Mai wählen zu gehen. „Europa. Jetzt aber richtig!“
Einen besonderen Akzent setzte in Berlin der Vorsitzende der EVG-Betriebsgruppe bei der S-Bahn Berlin, Robert Seifert. Er kritisierte scharf die geplante Ausschreibung des S-Bahn-Netzes. „3000 Eisenbahnerinnen und Eisenbahner haben nach dem S-Bahn-Chaos nicht die Karre aus dem Dreck gezogen, um jetzt die nächsten verkehrspolitischen Fehler auszubaden.“ Die Berliner Verkehrssenatorin will das S-Bahn-Netz in bis zu sechs Lose aufteilen, darunter auch Beschaffung und Instandhaltung. Eine Loslimitierung soll dazu führen, dass mehrere Betreiber zum Zuge kommen. Das würde die Zerschlagung eines weltweit einzigartigen Verkehrsmittels bedeuten. „Offenbar gibt es in der Verkehrsverwaltung nicht genügend verkehrspolitischen Sachverstand, um dieses System zu verstehen.“
Die Berliner EVG machte während der Mai-Demonstration mit "Regines Losbude" auf diese Vorhaben aufmerksam - einer Losbude, die nur Nieten enthält. Mehrere Betreiber auf dem S-Bahn-Netz – damit sei das Chaos vorprogrammiert, ganz zu schweigen von den derzeit nicht absehbaren Folgen für die Beschäftigten. „Wir müssen und wollen diesen politischen Blödsinn verhindern.“ Robert forderte den Berliner Regierungschef Michael Müller auf, die S-Bahn zur Chefsache zu machen.
Der nahm in seinem anschließenden Grußwort den Ball sofort auf. Es gebe eine klare politische Mehrheit im Berliner Senat gegen die Zerschlagung und die Loslimitierung, so der SPD-Politiker. „Berlin braucht einen starken ÖPNV und dazu gehört für uns eine starke und funktionierende S-Bahn."
Vor 130 Jahren war die Geburtsstunde des 1. Mai. An diesem Tag waren die Mitglieder des internationalen Arbeiterkongresses in Paris zusammengekommen. Die Teilnehmer kamen aus fast allen damaligen Europäischen Ländern. Auch die USA und Argentinien hatte Delegierte ihrer Arbeiterparteien und Gewerkschaften geschickt. Dort wurde folgende Resolution verabschiedet:
„Der Kongreß beschließt:
Es ist für einen bestimmten Zeitpunkt eine große internationale Manifestation (Kundgebung) zu organisieren, und zwar dergestalt, daß gleichzeitig in allen Ländern und in allen Städten an einem bestimmten Tage die Arbeiter an die öffentlichen Gewalten (Behörden) die Forderung richten, den Arbeitstag auf acht Stunden festzusetzen und die übrigen Beschlüsse des internationalen Kongresses von Paris zur Ausführung zu bringen.“
Nach einer kurzen Diskussion wurde festgelegt, ab dem ersten Mai 1890 jährlich, jeweils zu demselben Datum, Zusammenkünfte der Arbeiterinnen und Arbeiter in allen Ländern zu organisieren. Damit sollten sie erstmals die Möglichkeit erhalten, ihre Probleme oder Vorschläge zur Verbesserung der Gesellschaft offen zu äußern.