Drei Züge, 26 europäische Länder, 20.000 Kilometer Strecke, der Connecting Europe Express ist ein Zug der Superlative. Seit Anfang September ist er unterwegs und wird am 7. Oktober in Paris eintreffen; derzeit durchquert der Zug Deutschland. Die Europäische Kommission will damit ein Signal setzen für ihren Green Deal. Die EVG und mobifair unterstützen dieses Ziel und auch das CEE-Projekt – aber ungetrübt fällt unsere Bilanz nicht aus.
Mit dem Green Deal will die EU-Kommission die EU bis 2050 klimaneutral machen. „Mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, ist dringend notwendig. Denn ohne die Verkehrswende ist das Ziel, den Kontinent klimaneutral zu machen, nicht zu erreichen“, sagt Dirk Schlömer, Vorstand von mobifair. „Wir freuen uns über die große Aufmerksamkeit für den CEE. Aber mehr Verkehr auf die Schiene geht nicht ohne Beschäftigte. Und deswegen bedauern wir sehr, dass die Beschäftigten bei diesem Vorzeigeprojekt keine Rolle spielen.“ In der Tat sind Vertreter verschiedener europäischer Eisenbahnunternehmen auf den verschiedenen Stationen als Redner eingeladen, nicht aber die Gewerkschaften.
Gemeinsam mit der ETF und unseren Schwestergewerkschaften warnen wir davor, den Wettbewerb als Allheilmittel zu sehen. Wettbewerb als solcher führt noch nicht zu mehr Verkehr auf der Schiene. Er muss sozial ausgestattet sein. Denn die Arbeitsplätze bei den Eisenbahnen müssen sicher und die Arbeit muss attraktiv sein, um auch künftig Menschen für diese Arbeit begeistern zu können.
Mobifair und EVG nützten daher die Gelegenheit einer Mitfahrt im CEE, um ein Gespräch mit hochrangigen Vertreterinnen der Generaldirektion Transport der EU-Kommission zu führen. Mobifair-Vorstand Helmut Diener kritisierte hierbei insbesondere die unzureichende Umsetzung der Triebfahrzeugführerscheinverordnung. „Die Verordnung ist zu weich und zu unverbindlich. Es fehlen einheitliche Lehrpläne und Prüfungsrichtlinien.“ Das hat auch ein Gutachten im Auftrag von mobifair ergeben. „Die Verordnung muss evaluiert werden. Es darf nicht sein, dass Lokführer zu einem Anlernberuf wird. Dieser Trend gefährdet die Sicherheit auf der Schiene.“
Inzwischen ist der Connecting Europe Express in Berlin eingetroffen. Wenige Tage vor dem Tag der deutschen Einheit nutzten DB-Chef Richard Lutz und Verkehrsminister Andreas Scheuer die Gelegenheit, die Bedeutung der Eisenbahn für das Zusammenwachsen Europas zu unterstreichen. „Bahnfahren ist eigentlich DIE europäische Idee“, so Scheuer.
Die Station Berlin ist eine besondere auf der Gesamtstrecke des Connecting Europe Express - denn in der deutschen Hauptstadt trifft der CEE den TEE – einen Original „Trans Europ Express“ aus dem Jahr 1971. 30 Jahre lang verkehrten die Züge der TEE-Gattung grenzüberschreitend in den Ländern der damaligen Europäischen (Wirtschafts-) Gemeinschaft (EWG), Österreich und der Schweiz. „Es gab schon einmal eine TEE-Bewegung, und die wollen wir wiederbeleben“, so Andreas Scheuer.
Auch Berlins Regierender Bürgermeister würdigt das grenzüberschreitende Bahnerlebnis: Er selbst habe Europa „als 16-jähriger mit dem Interrailticket kennengelernt“. Der CEE sei ein Symbol „für das Zusammenleben in einem offenen und freien Europa“. Bei dem Symbol dürfe es aber nicht bleiben: „Wir müssen andere Mobilitätsangebote machen, weg vom Individualverkehr.“
Nicht eingeladen, auch in Berlin: die Gewerkschaften als Interessenvertreter derjenigen, die diese grenzüberschreitenden Erlebnisse erst möglich machen, sei es als Lokführer*innen, als Zugbegleiter*innen, als Servicekräfte, als Reiniger*Innen oder als Werkstattpersonal. „Das hat uns schon sehr verärgert und das haben wir der EU-Kommission so auch mitgeteilt“, sagt EVG-Vize Martin Burkert. Er zieht zugleich ein durchwachsenes Zwischen-Fazit des Europäischen Jahrs der Schiene: „Das Signal ist gut und richtig, dass der Schienenverkehr gefördert werden muss, um die Klimaziele des Green Deal zu erreichen. Aber sehr viel Konkretes dafür ist in diesem Jahr bisher nicht passiert.“
Mehr Informationen zum CEE gibt es auf der offiziellen Webseite.