Eine Frau bricht leblos auf einem Bahnsteig zusammen. Zum Glück sind Kollegen von DB Sicherheit vor Ort und können erste Maßnahmen einleiten. Aber: Die sofort zu Hilfe gerufenen Sanitäter kommen nicht durch, weil feiernde Jugendliche die Treppe zum Bahnsteig blockieren.
Die Hilfe für die Frau kommt zu spät. Mit diesem Videoclip haben sich elf junge Kolleg:innen von DB Sicherheit am Wettbewerb „Bahn-Azubis gegen Hass und Gewalt“ beteiligt. Mit dem Clip startet der zweite Tag der EVG-Bundeskonferenz.
Der Appell der jungen Kolleg:innen: „Dieses Leben hätten wir retten können. Aber du warst dagegen. Keine Gewalt gegen Rettungskräfte!“ Der Vormittag gehört zunächst der Jugend. „Wir erleben als Mitarbeiter von DB Sicherheit leider oft solche Situationen“, sagt Mussa Ali, der an dem Video mitgewirkt hat. „Beleidigt wird man leider täglich, ich nehme das kaum noch wahr.“ Senem Dibranova wünscht sich von den Fahrgästen mehr Verständnis, wenn es im täglichen Zugbetrieb zu Störungen kommt. „Ein Zug verspätet sich ja nicht einfach so, leider haben nur die wenigsten Verständnis für die komplexen Abläufe bei der Eisenbahn."
In der Einordnung weist EVG-Vorstandsmitglied Frank Hauenstein noch einmal auf den Vierklang der Initiativen und Kampagnen hin, mit denen sich die EVG für mehr Sicherheit, gegen Gewalt und für mehr Achtung und Respekt in Bussen, Bahnen und Verkehrsstationen einsetzt. „Wir können nicht dafür sorgen, dass sich morgen die Gesellschaft ändert“, so Frank. „Aber wir müssen per Mitbestimmung dafür sorgen, dass unsere Kolleg:innen gut mit konfliktorischen Situationen umgehen können; wir können politisch in Bund und Ländern für eine bessere personelle Ausstattung der Bahnen und der Polizei kämpfen; und wir müssen die Arbeitgeber besser für das Thema sensibilisieren."
Wir müssen per Mitbestimmung dafür sorgen, dass unsere Kolleg:innen gut mit konfliktorischen Situationen umgehen können.
„Solche Projekte zeigen, dass jungen Menschen Respekt wieder wichtig geworden ist“, ergänzt EVG-Bundesjugendleiter Lukas Küfner. „Respekt ist keine abstrakte Sache, sie kann und muss gelebt werden.“
Im Folgenden stellen junge Kolleg:innen aus der Bundesjugendleitung eine fiktive Sitzung dieses Gremiums dar, um die wesentlichen Themen der EVG-Jugend anzusprechen. Warum aber sitzen Bundesjugendleiterin Victoria Ebnet und ihre Kollegen auf Kinderstühlen und spielen mit einer Holzeisenbahn? „Wir bringen uns ein; wir sind Treiber, um einige Themen voranzubringen. Aber solange wir am Kindertisch sitzen und nicht bei den Großen mitmachen dürfen, fühlen wir uns nicht respektiert“, resümiert Victoria. Ihr Appell: „Wir sind erwachsene Menschen mit Ideen und wollen uns einzubringen, wo es geht - aber wir wollen auch gehört werden."
Solange wir am Kindertisch sitzen und nicht bei den Großen mitmachen dürfen, fühlen wir uns nicht respektiert.
Themenwechsel: Der Journalistin Latifah Cengel gehört der zweite Teil des Vormittags. Sie ist eingeladen worden, um über Alltagsrassismus zu sprechen. „Rasse ist kein biologischer Fakt, sondern eine soziale Konstruktion“, so ihre Ausgangsthese. Entsprechend ist auch Rassismus nicht biologisch, sondern sozial begründet.
Rasse ist kein biologischer Fakt, sondern eine soziale Konstruktion.
In einem spannenden und lebhaften Vortrag zeigt sie auf, welche unterschiedlichen Gesichter der Rassismus im Alltag hat: Da gibt es den „Du solltest froh sein, dass du hier sein darfst“-Rassismus, den „Ist doch alles nicht so schlimm“-Rassismus bis hin zum „Ausländer raus“-Rassismus. Solche Mikroaggressionen wirken, so Latifah Cengel, „als ob man permanent einen Mückenstich bekommen.“ Ihr Empfehlungen: Redet nicht über Betroffene, sondern mit ihnen, nehmt Mikroaggressionen ernst, und vor allem: „Nicht sprechen - zuhören."