Wir haben viel zu tun, aber wir haben auch viel Power: Die Bundeskonferenz hat das Arbeitsprogramm 2024 der EVG verabschiedet. Die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes stellten für ihre jeweiligen Bereiche die Kernpunkte dar.
„Eine große verkehrspolitische Baustelle ist das Schienennetz“, so der EVG-Vorsitzende Martin Burkert. Der Sanierungsstau sei nunmehr auf 90 Milliarden Euro angestiegen. Martins klare Bilanz: „Die Generalsanierung der Schiene steht am Abgrund!“ Die EVG fordert gemeinsam mit dem DGB, „dass endlich Schluss sein muss mit dem engstirnigen Sparzwang. Es ist höchste Zeit, in die Zukunft zu investieren! Ich sage es nochmal klar und deutlich: Wir erwarten von der Bundesregierung, dass die zugesagten Mittel für die Schiene in voller Höhe bereitgestellt werden – trotz des aktuellen Urteils. Denn: Es ist machbar."
Herr Lindner, öffnen Sie diese Geldquelle!
Viele Milliarden für die Schiene seien z.B. durch den Abbau von Vergünstigungen zu erzielen: Stichpunkte Steuergeschenke für gutbetuchte Dienstwagenfahrer, steuerfreie Tickets auf internationalen Flügen, keine Kerosinsteuer, Ermäßigung auf Diesel-Kraftstoff: „Da sind zig Milliarden, die für die Schiene und den ÖPNV fehlen! Die aber einfach zu holen wären. Herr Lindner, öffnen Sie diese Geldquelle!"
Auch das Thema von Netz und Betrieb wird uns 2024 weiter erhalten bleiben. „Eine auskömmliche Infrastrukturfinanzierung zusammen mit Netz und Betrieb aus einer Hand – das sind die wirksamen Hebel für ein gutes, leistungsfähiges Bahnsystem. Deshalb sind wir auch ganz klar gegen die Zerschlagung der Deutschen Bahn. Die Trennung von Netz und Betrieb würde nicht mehr und nicht weniger als das Ende des DB-Konzerns bedeuten. Und zwar mit allen negativen Konsequenzen für die Arbeitsplätze und das ganze System Schiene in Deutschland."
Blick nach vorne: am 9. Juni 2024 wird ein neues EU-Parlament gewählt. Die Wahl könne zu einer Richtungswahl in Europa werden, so Martin: „Wird es mehr oder weniger Sitze für progressive Parteien geben? Wird rechtsradikalen Kräften eine klare Absage erteilt oder werden sie gestärkt? Politische Kräfte im Parlament könnten sich weiter zugunsten von konservativen und rechtskonservativen Parteien verschieben. Das müssen wir verhindern, alle Kräfte dafür mobilisieren.“
Die stellvertretende EVG-Vorsitzende Cosima Ingenschay forderte in ihren mündlichen Ergänzungen zum Arbeitsprogramm die zügige Ratifizierung der ILO Konvention 190. „Die Arbeitswelt muss endlich ein angstfreier Raum für Frauen werden“, nahm sie Bezug auf das übergreifende Thema der Konferenz. Aber: „Respekt für Beschäftigte bedeutet auch Respekt vor der Lebensleistung. Wer ein Leben lang gearbeitet hat, muss von der Rente leben können.“ Die von der FDP geforderte Aktienrente könne nur zusätzliches Geld generieren, sie aber keine Alternative als grundsätzliche Organisationsform der gesetzlichen Rente. Sie bekräftigte die Forderung der EVG nach einer Anhebung des Rentenniveaus auf mindestens 50 %, es werde im kommenden Jahr dazu einen neuen Anlauf des DGB geben.
Die Arbeitswelt muss endlich ein angstfreier Raum für Frauen werden.
Doch wird im kommenden Jahr bereits auch die nächste Tarifrunde wieder ihre Schatten vorauswerfen. „Wir haben den Einstieg in die Anpassung der Funktionsgruppen erreicht“, so Cosima. Hier werde die EVG 2025 ansetzen. „Unser Tarifsystem bildet die Arbeitsrealitäten ab. Wir müssen unsere Strukturen aber auch weiterentwickeln und dafür brauchen wir intelligente und ergänzende Lösungen."
Die Tarifpolitik wird von Cosima und Kristian Loroch gemeinsam verantwortet. „Bis wir eine neue Struktur geschaffen haben, wird es noch zwei bis drei Tarifrunden dauern“, so Kristian in seinem mündlichen Bericht. In der kommenden Tarifrunde werde es schwerpunktmäßig um Strukturanpassungen in den Funktionsgruppen gehen – und hier besonders um die Funktionsgruppe 4. „Der Lokführer-Tarifvertrag muss wieder eine eigenständige EVG-DNA bekommen. Und bei diesem Prozess wird uns die Zentrale Fachgruppe sehr intensiv unterstützen.“ Auch dem Thema Busgesellschaften werde sich die EVG nähern. Ein Top-Thema im kommenden Jahr werden aber auch die Personalratswahlen werden. „Wir werden unsere Kandidat:innen bestmöglich unterstützen und gehen jetzt in den aktiven Wahlkampf.“
Der Lokführer-Tarifvertrag muss wieder eine eigenständige EVG-DNA bekommen.
Wichtig auch in 2024, so Cosima und Kristian: Die EVG will ihre Bildungsmaßnahmen intensivieren. Hier geht es auch darum, sich mit der Künstlichen Intelligenz (KI) auseinanderzusetzen. „KI ist nichts Buntes, nichts Technisches. Wir erleben eine neue Dimension: Alle bisherigen Veränderungsprozesse hatten wir selbst oder andere Menschen in der Hand, das ist künftig anders."
Frank Hauenstein legte einen Schwerpunkt seiner Ausführungen auf die Mitgliederentwicklung. „Wir sind stark gestartet und zum Glück nicht eingesunken.“ Bis zum Beginn der Bundeskonferenz sind schon mehr als 13.300 neue Kolleg:innen in unsere EVG eingetreten. „Das ist zu diesem Zeitpunkt der höchste Stand an Neueintritten, die wir als EVG hatten.“ Diesen Trend gelte es auch im kommenden Jahr zu verstetigen, „denn jedes Mitglied macht uns stärker und durchsetzungsfähiger.“ Auch das Thema Mitmachgewerkschaft müsse in 2024 weiter vertieft werden, „denn das ist unsere DNA.“ Dafür müsse das Ehrenamt weiter gestärkt und durch das Hauptamt weiter unterstützt werden.
Mitmachen bei der EVG heißt auch für die demokratischen Grundwerte eintreten, und dazu gehört auch das Wahlrecht.
Augenmerk wird die EVG 2024 auch auf die Wahlen der Jugend- und Auszubildendenvertretungen legen. Bei den letzten Wahlen mussten wir leider eine sehr geringe Wahlbeteiligung verzeichnen. „Mitmachen bei der EVG heißt auch für die demokratischen Grundwerte eintreten, und dazu gehört auch das Wahlrecht.“ Eine Wahlbeteiligung um die 60 Prozent sei anzustreben.
Gewerkschaft, so Frank, „ist die beste Erfindung, die es gibt, und es ist schön, dass wir ein Teil davon sind."