Dass wir als EVG eine kämpferische Gewerkschaft sind und unsere Mitglieder zusammenstehen, wenn Solidarität gefordert ist, ist am Donnerstag vor der Zentrale der DB Cargo in Mainz wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt worden.
Aufgerufen war zu einer Protestkundgebung gegen die Schrumpfpläne des Vorstandes bei DB Cargo und den damit verbundenen massiven Personalabbau. Das sorgt seit Wochen für heftigen Streit zwischen der EVG und den Betriebsräten auf der einen und dem Cargo-Vorstand auf der anderen Seite. Lange vor dem offiziellen Beginn der Kundgebung, direkt vor der Cargo-Zentrale in Mainz, trafen die ersten Delegationen von EVG-Mitgliedern ein. Aus allen Regionen Deutschlands waren Kolleginnen und Kollegen auch aus anderen Branchen angereist, um deutlich zu machen: „Wir als EVG-Familie halten zusammen - kein Kahlschlag bei DB Cargo“.
Schon bei einer ersten Kundgebung vor gut vier Wochen, als die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Wahlkreiskonferenz in Mainz spontan zum Protest aufgerufen hatten, hatten rund 100 EVG-Mitglieder protestiert und lautstark gerufen: „Der Vorstand muss weg“. Diesmal sollte der Protest deutlich größer ausfallen. Gut 350 Kolleginnen und Kollegen waren nach Mainz gekommen, um den Beschäftigten bei DB Cargo den Rücken zu stärken.
Die eindrucksvolle Kundgebung in Mainz fand großes mediales Interesse. Zahlreiche Fernsehsender und Tageszeitungen waren vor Ort und berichteten. Die Botschaft der EVG ist angekommen: „Ihr müsst auch weiterhin mit unserem Widerstand rechnen, wenn Ihr Eure Pläne durchsetzen wollt“.
Dazu scheint der Vorstand, ungeachtet aller Mahnungen, derzeit noch entschlossen. Zwei Verhandlungsrunden, zu denen der Arbeitgeber die Betriebsräte aufgefordert hatte, um Einigung über den künftigen Kurs zu erzielen, verliefen ergebnislos. Viele der von der Mitbestimmung gestellten Fragen blieben unbeantwortet, letztlich blieb es beim Nein der Arbeitnehmervertreter für die Harakiri-Pläne des Vorstandes.
Die Betriebsräte waren gut vorbereitet und haben den Arbeitgeber mit einem fundierten Alternativkonzept konfrontiert. Daraufhin erklärte der Arbeitgeber die Verhandlungen für gescheitert und wird nun die Einigungsstelle anrufen. In dieser innerbetrieblichen Schlichtungsstelle führt in der Regel ein Richter oder eine Richterin den Vorsitz; diese Stimme ist am Ende entscheidend, sodass um die Besetzung hart und möglicherweise auch länger zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat gerungen wird.
Mut macht den Kolleginnen und Kollegen bei DB Cargo die große Solidarität, die sie bei ihrem Kampf um die Zukunft des Unternehmens und damit auch ihrer Arbeitsplätze erfahren. So erklärte der rheinland-pfälzische Minister für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung, Alexander Schweitzer, dass man als Land die offensichtliche Schwächung des Güterverkehrs auf der Schiene nicht akzeptieren werde. „Wie schafft man es, in Zeiten, in denen Mobilität, Klima und Wachstum auf der Schiene eine große Rolle spielen, ein Unternehmen so vor die Wand zu fahren?“, fragte er unter dem tosenden Applaus der Protestierenden.
Uns ist die Cargo-Zentrale in Mainz wichtig, einen Kahlschlag werden wir nicht akzeptieren.
Das, was derzeit auf dem Tisch liege, habe mit Transformation nichts zu tun. Das seien überholte Konzepte aus den 80er, die einzig auf Personalabbau setzten. Transformation stehe für Ideen, Dialog und Zukunft. Nichts davon sei wahrnehmbar. Der Minister kündigte an, dass das Land Rheinland-Pfalz den geplanten Stellenabbau nicht hinnehmen werde. „Uns ist die Cargo-Zentrale in Mainz wichtig, einen Kahlschlag werden wir nicht akzeptieren“, machte er deutlich, indem er die solidarischen Grüße der Landesregierung überbrachte.
Zuvor hatte Sabine Bätzing-Lichtenthäler für die SPD-Landtagsfraktion kritisiert, dass dem Cargo-Vorstand offensichtlich nichts Besseres einfalle, als Stellen abzubauen. Damit werde das Unternehmen seiner Verantwortung nicht gerecht. „Zukunftsfähig kann nur sein, wer sich sozial verhält“, betonte sie. Angesichts der zahlreichen Plakate und Banner, auf denen zu lesen stand: „Wir sehen rot“ hoffe sie schon bald sagen zu können: „Wir sehen einen Silberstreif am Horizont".
Zukunftsfähig kann nur sein, wer sich sozial verhält.
Den sehen Cosima Ingenschay, stellvertretende EVG-Vorsitzende und Jörg Hensel, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates noch nicht. Beide hatten die zeitgleich stattfindende Sitzung des DB Cargo Aufsichtsrates kurzzeitig verlassen, um zu den Demonstrierenden zu sprechen.
Cosima Ingenschay kritisierte, dass der Vorstand seine Pläne vorantreibe, ohne zu wissen, was das Ganze am Ende bringe. „Es gibt, obwohl wir mehrfach nachgefragt haben, immer noch keine Kosten/Nutzen-Abwägung - so zu handeln, wie es der Vorstand derzeit tut, ist unverantwortlich“, sagte sie.
Für Jörg Hensel, den GBR-Vorsitzenden, gab es darauf nur eine Antwort: „Der Vorstand muss weg“, forderte er. Wer nicht bereit sei, Verantwortung zu übernehmen, habe bei DB Cargo nichts mehr verloren. Es sei an der Zeit, dem Eigentümer - also dem Bund - deutlich zu machen, dass hier gehörig etwas schiefläuft. Der habe schließlich ein Interesse daran, dass auch mithilfe der Bahn die Klimaziele erreicht würden. So werde das aber nichts.
Der Vorstand muss weg.
Insgesamt war der Protest in Mainz, gegen die Kahlschlagpläne bei DB Cargo, unglaublich groß. Christina Tilling erklärte als Vertreterin der Europäischen Transportarbeiter Föderation (ETF) in Mainz, dass sie - stellvertretend für die 450 Mitgliedsgewerkschaften der ETF – die Entschlossenheit begrüße, mit der die EVG gegen die „katastrophalen Entscheidungen der DB Cargo zur Zerschlagung des Unternehmens protestiere“. Auch Dirk Schade, Vorsitzender der Betriebsgruppe, bedankte sich für die große Solidarität innerhalb der EVG.
Kay Gottschall, Betriebsratsvorsitzender im Kundenservicezentrum in Duisburg, kritisierte die „Dreistigkeit“ des Cargo-Vorstandes nicht mehr mit der Mitbestimmung zusammenarbeiten zu wollen. „Es ist dreist, wenn Sigrid Nikutta in einer Mail an die Beschäftigten behaupte, man könne nicht von Kahlschlag sprechen, wenn jetzt schon klar ist, dass in einem ersten Schritt 1.800 Arbeitsplätze abgebaut werden“, stellte er fest.
Uli Schmidt, Vertreter der Geschäftsführung des GBR, kritisierte die Untätigkeit der bisherigen Vorstände. „Wir haben die besten Rahmenbedingungen, aber derzeit die schlechteste Bilanz. Immer weniger Züge, immer weniger Fracht - wie kann das sein,“ fragte er.
Volker Ambach von der Cargo-Zentrale kritisierte, dass niemand bisher ernsthaft analysiert habe, warum alle bisherigen Pläne gescheitert seien. „Wir sind keine Verfügungsmasse, sondern Menschen, die über große Qualifikationen verfügen. Das aber wird einfach nicht wahrgenommen“, machte er deutlich.
Den respektlosen Umgang mit den Kolleginnen und Kollegen kritisierte auch Chris Bonner, der mit einer Delegation aus Mannheim angereist war. „Die ersten verlassen schon aus Sorge um ihren Arbeitsplatz das Unternehmen, aber das ist dem Vorstand völlig egal“, stellte er fest.
Detlef Felde, Vertreter der Region Frankfurt, warf dem Vorstand vor, „das Geld, das wir erwirtschaftet haben, für fragwürdige Konzepte aus dem Fenster geworfen zu haben. In den vergangenen Jahren sei der Marktanteil von 90 auf unter 50 Prozent heruntergewirtschaftet worden. Und Schuld daran, sei die EVG, weil wir so gute Tarifverträge machen, mit angeblich zu hohen Löhnen. Mit diesem Vorstand habe Cargo keine Zukunft“, stellte er fest.
Marcel Labonte, Vorsitzender des EVG Landesverband RLP warf dem Arbeitgeber in diesem Zusammenhang vor, mit der geplanten Auslagerung von Tätigkeiten in Tochterunternehmen „Tarifflucht zu begehen“, Susanne Wagner Geschäftsführerin der DGB-Region Rheinhessen-Nahe, schlug in die gleiche Kerbe und betonte, dass die an den Tag gelegte Ignoranz viel über den Vorstand aussage. Da sei es gut zu wissen, dass die DGB-Gewerkschaften geschlossen und in voller Solidarität an der Seite der Beschäftigten stehen.
Die DB Cargo ist eine wichtige Säule für die Klimawende im Verkehr. Deshalb ist der Schrumpfkurs des Vorstandes der falsche Weg.
Solidarisch zeigte sich auch Max Klinker von der Bewegung „Wir fahren zusammen“. Die Klimabewegung steht hinter den Kämpfen der Gewerkschaften stellt, gemeinsam setzen wir uns für bessere Arbeitsbedingungen ein, machte er deutlich.
Martin Schirdewan, Parteivorsitzender der Linken und EU-Abgeordneter solidarisierte sich mit den Beschäftigten und forderte ein Stopp des EU-Beihilfeverfahrens. Die DB Cargo sei eine wichtige Säule für die Klimawende im Verkehr. Deshalb sei der Schrumpfkurs des Vorstandes der falsche Weg.
Zuvor hatten bereits zahlreiche Betriebsgruppen der EVG, die Beamten und Senioren, ebenso wie die Teilnehmenden von verschiedenen Wahlkreiskonferenzen, in Solidaritätsbotschaften deutlich, dass es nicht sein kann, Beschäftigte für die Fehler des Managements in die Pflicht zu nehmen.
Neben der großen Kundgebung in Mainz gab es unter anderem auch in Halle Protestaktion. In Halle trafen sich EVG-Mitglieder zu einer Kundgebung vor dem Hauptbahnhof.