Bei der Sommertour auf dem Fahrrad durch Sachsen

Zweite Runde der Sommer-Tour: In der letzten August-Woche tourt der EVG-Vorsitzende Martin Burkert durch Sachsen - wieder zu Besuch in verschiedenen Betrieben und wieder mit Bahn und Fahrrad unterwegs. Gestartet wird bei der Jugend, genauer der Ausbildungswerkstatt der DB in Leipzig.

Der 2019 errichteten Ausbildungswerkstatt gelingt es, nahezu alle Stellen zu besetzen. Dabei ist insbesondere das große Einzugsgebiet bemerkenswert. Nur wenige der Azubis kommen direkt aus Leipzig. Anfahrtszeiten von mehr als einer Stunde sind hier keine Seltenheit. Ausgebildet werden hier vornehmlich Elektroniker für Betriebstechnik und Mechatroniker für InfraGo, aber auch viele andere.

„Gerade mit den steigenden Zugverspätungen reagieren Einzelne immer ungehaltener.“

DB-Mitarbeiterin, DB Lounge

Bei der guten und produktiven Atmosphäre ist kaum verwunderlich, wie die Antwort der fast ausgelernten Azubis nach dem nächsten Ziel fast immer lautet: „Meester machen“. Martin nimmt hier einen guten Eindruck mit: „So etwas zu sehen, stimmt einen positiv“. Gleichzeitig nutzt auch er die Möglichkeit, für die kommenden JAV-Wahlen zu mobilisieren.

Weiter geht es anschließend mit einem Besuch bei der DB-Lounge sowie bei DB Vertrieb. In beiden sind die engagierten Kolleg:innen mit der Herausforderung von wachsenden Personalengpässen konfrontiert, welche bis zu verkürzten Öffnungszeiten führen können. Ein weiteres Problem ist die Aggressivität einiger Gäste. „Gerade mit den steigenden Zugverspätungen reagieren Einzelne immer ungehaltener“, beschreibt es eine Kollegin. Die Beschäftigten beim Vertrieb treibt zudem noch die Sorge vor eventuellen weiteren Einsparungen um. Hier muss der Konzern jetzt zu seinen Zusagen stehen, nicht am Kunden zu sparen.

Sein Ende findet der erste Tag der 2. Sommertour mit einer Preisverleihung, zu der Martin als Hauptredner eingeladen ist. Der DGB-Sachsen vergibt zum ersten Mal einen Un-Gleichstellungspreis. „Mit dem neuen Negativpreis wollen wir sichtbar machen, wer besonders stark gegen die Gleichstellung arbeitet und wo Ungleichheit und Diskriminierung real praktiziert werden.

Damit wollen wir auch einen Beitrag für mehr Gleichstellung leisten und Verbesserungen anstoßen“, sagt die Vize-Chefin des DGB Sachsen, Daniela Kolbe. „Wir haben mit dem sächsischen Kultusminister und seinem Genderverbot einen würdigen Preisträger ausgewählt.“ An sächsischen Schulen wird die Verwendung von Genderstern oder Binnen-I in schriftlichen Arbeiten als Fehler markiert. Auch für Partner von Bildungseinrichtungen ist das Gendern verboten. Kultusminister Christian Piwarz nimmt den Preis am Montagabend persönlich entgegen.

„Mit dem neuen Negativpreis wollen wir sichtbar machen, wer besonders stark gegen die Gleichstellung arbeitet.“

Daniela Kolbe, Vize-Chefin DGB Sachsen

In seiner Rede kritisiert Martin Burkert vor allem die großen Unterschiede beim Tagesentgelt zwischen Frauen und Männern. Dabei sind hier leider keine Besserungen in Sicht. So ist in Sachsen die Lohn-Lücke von 8 % 2022 auf 9 % im Jahr 2023 gestiegen. Daher heißt es für uns, „frauenfeindliche Praktiken an den Pranger zu stellen“ und „auf Sexismus und Ungleichbehandlung hinzuweisen, denn der Kampf für Gleichberechtigung ist keine Beschäftigung mit Luxusproblemen, sondern auch im Jahr 2024 bitter nötig!"

„Hier ist die Eisenbahnerfamilie noch komplett.“

Kollege der DB InfraGo

Der 2. Tag der Sommertour von Martin Burkert durch Sachsen startet nach einer Fahrradtour durch Leipzig - wie am ersten Tag - bei der Bildung. Genauer gesagt in dem Ausbildungszentrum von DB InfraGo. Einzigartig ist, dass hier auf 2 Etagen sowohl Instandhaltung als auch Fahrweg und Betrieb geschult werden. „Hier ist die Eisenbahnerfamilie noch komplett“ beschreibt es ein Kollege treffend, denn die Zusammenarbeit sowie der berufsübergreifende Überblick ist noch ein hohes und leider viel zu seltenes Gut. Am Standort in Leipzig kann aufgrund der Gleisstücke auf dem Gelände, das Gelernte direkt lebensnah vorgeführt werden. Dabei könnte auf dem Gelände noch weiter ausgebaut werden, denn Fläche sowie die nötigen Planungen bestünden, nur an der Finanzierung hapert es noch.

Die nächste Station sind die Personenbahnhöfe der DB InfraGo. In den modernen Räumlichkeiten nutzen einige Kolleg:innen die Möglichkeit bei Kaffee und Kuchen mit Martin in den Austausch zu kommen. Die Jobunsicherheit spielt auch hier wieder eine Rolle.

Seinen Abschluss fand Tag 2 mit der Mitgliederversammlung und dem Sommerfest des Ortsverbandes Leipzig. Die 240 Kolleg:innen konnten sich hier bei gutem Wetter über den aktuellen Zustand der Bahn, sowie über ihre Zukunftsängste austauschen, aber auch mal einen Blick auf frühere Tage richten. Dabei nutzten viele vor Ort die Möglichkeit, sich mit Martin in kleiner Runde bei einem Kaltgetränk auszutauschen.

„Die Schuldenbremse ist für die Schiene ein Hemmschuh!“

Martin Burkert, EVG-Vorsitzender

Bei über 30 Grad und strahlend blauem Himmel starteten wir in den 3. Tag und damit ins Bergfest der Sommertour durch Sachsen. Es beginnt  mit einer 25 km langen Radtour durch die wunderschöne Landschaft Sachsens nach Delitzsch zum Werk von RailMaint. Vor Ort wartet bereits das Frittenmobil des DGB auf die Kolleg:innen. Mit dem Frittenmobil wirbt der DGB bundesweit für mehr Tarifbindung. Im Osten Deutschlands ist das ein echtes Problem: So sind in Sachsen inzwischen nur noch 43 Prozent der Arbeitsplätze tarifgebunden.

Auf dem Gelände von RailMaint mit 16 Kilometer Schiene und über 80 Weichen werden Schienenfahrzeuge gewartet und instandgehalten. Dabei entfallen rund 50 Prozent des Geschäfts auf Radsätze. Zwar wurde in den letzten Jahren begonnen, in das Gelände von 1908 zu investieren, jedoch ist auch hier das Stagnieren des Güterverkehrs ein Thema. „Die Schuldenbremse ist für die Schiene ein Hemmschuh“, formuliert es Martin Burkert treffend. Investiert wird jedoch vonseiten des Betriebes in die Zukunft. Von früher 5 Lehrlingen pro Ausbildungsjahr ist man nun auf 20 gewachsen und plant, dies auch in den kommenden Jahren beizubehalten oder sogar weiter auszubauen.

Im Anschluss ging es für die Besuchergruppe zum DB-Trainingszentrum. Hier ist unter anderem die DB-Sicherheit als Untermieter mit auf dem Gelände. Dabei wird nicht nur der Umgang mit aggressiven Menschen gelehrt, sondern auch die sachgemäße Bekämpfung von kleineren Bränden. Da auf dem Gelände auch Waggons zu Trainingszwecken bereitstehen, kam in der Vergangenheit sogar die Bundespolizei vorbei, um hier gemeinsam zu üben.

„Seit 1927 werden von hier aus die Eisenbahnbrücken ausgebessert.“

Kollege der Bahnbau Gruppe

Eigentlich schon fast zu heiß zum Radeln ist es am Tag 4 der Sommertour durch Sachsen. Nichtsdestotrotz geht es pünktlich um 7:30 Uhr auf zur Bahnbau Gruppe. „Seit 1927 werden von hier aus die Eisenbahnbrücken ausgebessert,“ erklärt uns ein Kollege.

Die Kollegen sind in ganz Deutschland auf Montage. Dabei werden ihnen bisher die Anfahrten zu den Baustellen nicht als Arbeitszeit berechnet. Unter anderem das führt zu dem allgegenwärtigen Fachkräftemangel, welcher nochmals durch Wechsel innerhalb des DB-Konzerns verstärkt wird. Zudem fehle es an Erschwerniszulagen für die Arbeit, Klimaanlagen in den Büros und vieles mehr, hören wir. Trotzdem sind die über 100 angetroffenen Kollegen vor Ort motiviert bei der Arbeit. Im Werk arbeitet sogar noch ein 70er auf 520 Euro Basis und lernt die Azubis an.

Für die Bahnbau Gruppe wird das Geschäft erschwert, da sie hohe Auflagen bei der Anschaffung von Maschinen erfüllen muss. Es wird erwartet, dass diese Co2 neutral und möglichst geräuscharm sind. Wenn auch gesellschaftlich sinnvoll, ist dies dennoch ein Wettbewerbsnachteil.

Von der Bahnbau Gruppe geht es knapp 2 Stunden entlang der Elbe bis zum Infozentrum Heidenau. Vor Ort berichtet der Projektleiter über den aktuellen Stand der Planung zur Bahnstrecke Dresden-Prag.

Ausklingen kann der Abend auf dem Sommerfest des Ortsverbandes Ostsachsen. Mit dabei sind neben der Radeltruppe um Martin Burkert und Ramona Möbius, welche als Vorsitzende des EVG Landesverbandes Sachsen die Teilnehmer schon bei der Bahnbau Gruppe begleitete, unter anderen auch Markus Schlimbach vom DGB-Sachsen, auch der Bundestagsabgeordnete und frühere Lokführer Detlef Müller, sowie Dirk Schlömer und Helmut Diener von Mobifair.

„Hier wird das tagtägliche Geschäft umgesetzt.“

Kollegin aus dem Stellwerk

Der letzte Tag der Fahrradsommertour hat es nochmal in sich: Zunächst geht es mit dem Fahrrad durch die Altstadt von Dresden und von dort weiter entlang des Elbe-Radweges bis hin zu einem Stellwerk und Lst Werkstatt der InfraGo. „Hier wird das tagtägliche Geschäft umgesetzt“, beschreibt die Kollegin vor Ort ihren Aufgabenbereich. Trotzdem gibt es leider statt dem geplanten 3- Schichtbetrieb zurzeit leider nur 2 Schichten.

Nach einem Blick in die privat geführten Erinnerungsstücke der Bahngeschichte geht es weiter zur Instandhaltung der InfraGO und zur DB Services FZD. Vor Ort nutzt der Betriebsrat die Gunst der Stunde, um darauf aufmerksam zu machen, dass es von Seiten des Arbeitgebers Versuche gibt, das Wahlmodell zu konterkarieren.

Zum Abschluss besucht die Gruppe noch das DB Regio Werk in Dresden. Die Probleme sind zumeist die üblichen. Unter anderem der Fachkräftemangel, der dazu führt, das einzelne Kolleg:innen 20 bis 30 unterschiedliche Qualifikationen innehaben. Von den 60 Mitarbeitenden ist ein Viertel erst seit kurzem in dem Betrieb. Aber auch in die Infrastruktur wird hier kräftig investiert. Leider sind die Kolleg:innen vor Ort nach dem Tarifvertrag einer anderen Organisation eingruppiert – das sorgt bei einigen für Unwohlsein.

Wie alles wirklich Gute hat auch die Fahrradtour in Sachsen ein Ende. Dabei geht ein großer Dank an alle Beteiligten, die mitgeradelt sind und auch an die Kolleg:innen in den Betrieben, die uns so herzlich empfangen haben.