Bei DB Cargo in Duisburg geht die Angst um. Allein im KundenServiceZentrum sollen rund 300 von derzeit etwa 1.200 qualifizierten Arbeitsplätze abgebaut werden. Dabei schlägt hier das Herz der DB Cargo.
Fast alle Verkehre der DB Cargo werden von Duisburg aus gesteuert; nicht nur die in Deutschland, sondern in ganz Europa. Im KundenServiceZentrum kümmern sich erfahrene Eisenbahnerinnen und Eisenbahner um die gesamte Prozesskette: von der Auftragsannahme über die daraus resultierende Wagen- und Zugbestellung bis hin zur Abrechnung - „eine Kompetenz, die ihresgleichen sucht und von unseren Kunden sehr geschätzt wird“, betont der örtliche Betriebsrat Kay Gottschall.
Rücksichtsloser Aktionismus
„Ohne uns geht gar nichts. Dieses Pfund aus der Hand zu geben und zu glauben, dass dann alles besser wird, das glaubt von uns niemand. Das ist einfach nur rücksichtsloser Aktionismus, der nicht nur den Kunden, sondern vor allem unseren Kolleginnen und Kollegen schadet,“ so Gottschall.
Der Vorstand von DB Cargo zeigt sich hingegen überzeugt, nur so das Unternehmen wieder in die schwarzen Zahlen führen zu können. Einem Alternativkonzept, das vom Gesamtbetriebsrat erarbeitet worden war, wurde keinerlei Bedeutung beigemessen, es wurde kurzerhand verworfen. „Damit tritt der Vorstand die Sozialpartnerschaft mit Füßen."
Ohne uns geht gar nichts.
Seit gut 15 Jahren schreibt die Güterverkehrssparte der Deutschen Bahn fortwährend hohe Millionenverluste, die regelmäßig vom DB-Konzern ausgeglichen werden. „Die Untätigkeit der bisherigen Vorstände, ein tragfähiges Konzept für ein gewinnbringendes Geschäftsmodell zu entwickeln, hat zwischenzeitlich die EU-Kommission auf den Plan gerufen“, erklärte Martin Burkert, Vorsitzender der EVG, während eines gemeinsamen Vorort-Termins mit dem Vorsitzenden des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag, Udo Schiefner (SPD).
Die Untätigkeit der bisherigen Vorstände hat zwischenzeitlich die EU-Kommission auf den Plan gerufen.
Wachstumsstrategie statt Schrumpfkurs
„In dem man Arbeitsplätze abbaut, will man Kosten sparen und so die EU-Kommission besänftigen. Das ist der völlig falsche Ansatz, bei dem unsere Kolleginnen und Kollegen die Leidtragenden sind. Wir brauchen keinen Schrumpfkurs bei DB Cargo, sondern eine in die Zukunft gerichtete Wachstumsstrategie“, so Burkert.
Eine Auffassung, die auch Udo Schiefner teilt. Für den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag kommt in der aktuellen Diskussion der Aspekt „Umweltschutz“ viel zu kurz: „Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, müssen wir den Güterverkehr auf der Schiene deutlich steigern. Dazu sind tragfähige Konzepte erforderlich. Sonst werden wir es nicht schaffen, 25 Prozent der Güter bis 2030 auf die Schiene zu verlagern. Von der DB AG erwarte ich da einen starken Beitrag, nicht aber sich immer weiter zurückzuziehen und das Geschäft anderen zu überlassen. Nur Konzepte für Hochgeschwindigkeitsnetze zu entwickeln, reicht mir nicht aus. Die DB AG muss auch tragfähige Konzepte für das Güterverkehrsnetz vorlegen. Wachstumsziele und Arbeitsplätze dürfen nicht gefährdet werden“, machte er in Duisburg deutlich.
Die DB AG muss tragfähige Konzepte für das Güterverkehrsnetz vorlegen. Wachstumsziele und Arbeitsplätze dürfen nicht gefährdet werden.
Rund 450 Arbeitsplätze sind in Duisburg insgesamt gefährdet
Gerade das befürchten aber die in der EVG organisierten Betriebsräte. „Bislang war DB Cargo in Duisburg ein gefragter und sicherer Arbeitgeber inmitten des Ruhrgebiets. Dies könnte sich in naher Zukunft ändern,“ sagt Betriebsrat Kay Gottschall. Denn neben den 300 Arbeitsplätzen im KundenServiceZentrum sind in Duisburg mittelfristig weitere 150 Stellen gefährdet. Bundesweit sollen bei DB Cargo bundesweit gut 1.800 Arbeitsplätze wegfallen.
Das bedeutet für den Bereich des Kombinierten Verkehrs: Der Service, der bislang aus einer Hand in Duisburg geleistet wurde, wird zerschlagen. Stattdessen sollen künftig vier Tochterunternehmen je einen Teil der Aufgaben übernehmen, weil der Vorstand meint, so kostengünstiger arbeiten zu können. Dazu müssen insgesamt mehrere hundert Stellen in Schkopau, Hamburg, Frankfurt und Gladbeck neu ausgeschrieben werden, um auch die Aufgaben übernehmen zu können, die bislang in Duisburg erbracht werden.
Betriebsräte an allen Standorten lehnen das neue Konzept ab
„Nicht nur wir Betriebsräte bei DB Cargo in Duisburg halten das angesichts des derzeitigen Fachkräftemangels für einen absoluten Wahnsinn und damit kaum umsetzbar. Auch unsere Betriebsratskolleginnen und Kollegen aller Tochterunternehmen glauben nicht, dass es gelingen kann, neue Mitarbeitende in kurzer Zeit ausreichend zu qualifizieren. Alle Betriebsräte bei Cargo lehnen das sogenannte Transformationsprogramm des DB-Cargo-Vorstandes geschlossen ab,“ erklärte Gottschall.
Der Auffassung, dass es Veränderungen bei DB Cargo geben müsse, um wirtschaftlich arbeiten zu können, widersprechen die Betriebsräte in diesem Zusammenhang nicht. Sie kritisieren aber, dass nicht auf die Beschäftigten gehört werde, die das Geschäft kennen und beherrschen. Stattdessen würden Millionen an die üblichen externen Berater gezahlt, die fragwürdige Konzepte entwickeln, die zudem voller Fehler seien.
Nicht nur wir Betriebsräte bei DB Cargo in Duisburg halten das angesichts des derzeitigen Fachkräftemangels für einen absoluten Wahnsinn.
Der Vorstand verzockt die Zukunft des gesamten Unternehmens
„Dass, was derzeit auf dem Tisch liegt, wird nicht zum gewünschten Erfolg führen, um mehr Güter auf der Schiene transportieren,“ kritisiert denn auch der örtliche Betriebsrat Kay Gottschall. Der EVG-Vorsitzende Martin Burkert formuliert es noch drastischer: „Gehen die riskanten Pläne nicht auf, verzockt der Vorstand die Zukunft von DB Cargo. Dann wird der kombinierte Verkehr künftig vornehmlich von der Konkurrenz, insbesondere von der auf der Straße gefahren. Das hat dann noch weitreichendere Auswirkungen auf den Standort Duisburg und DB Cargo insgesamt.“
Deshalb versuche die EVG die vorliegenden Pläne zu verhindern und setze dabei auch auf die Unterstützung der Kunden, die die gute Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in Duisburg zu schätzen wüssten.