Am letzten Tag der Sommertour ging es durch Osnabrück entlang seiner Bahnbetriebe. Vom ESTW über den Betriebsbezirk von InfraGo bis hin zum Stellwerk und als Abschluss zur Werkstatt der NordWestBahn.
Beim ESTW wird gleich zu Beginn deutlich, dass vor Ort eine sehr hohe Arbeitsbelastung besteht: „Das geht so lange gut, bis hier einer aufgrund der großen Belastung gesundheitlich ausfällt“ berichtet ein Kollege. Dabei wird die anfallende Arbeit eher mehr als weniger. Ein Controller analysiert, warum hier regelmäßig Verspätungen von drei Minuten anfallen. „Das ist der blanke Hohn“.
Im Betriebsbezirk der InfraGo gibt es bei Kaffee und Brötchen die Möglichkeit, sich über die Probleme bei der Bahn auszutauschen. Gerade die Verrohung innerhalb der Gesellschaft, die sich auch an dem zunehmend aggressiven Umgangston bis hin zur Gewalt gegenüber den Kolleg:innen im Kundenkontakt zeigt, lässt hier niemanden kalt.
Zusätzlich kommen noch hausgemachte Probleme hinzu, wie der angekündigte Personalabbau bei der Deutschen Bahn. Die Gespräche während der Sommertour zeigen, dass nicht nur die Mitarbeiter:innen bei der Bahn verunsichert sind. Zunehmend bewerben sie sich innerhalb des Konzerns in Richtung der gemeinwohlorientierten Infrastruktur, da hier die Arbeitsplätze sicherer erscheinen. Aber auch insbesondere die Bewerber:innen von außerhalb sind verunsichert. „Denen muss man das jedes Mal erklären, weil die Sorge besteht, direkt wieder entlassen zu werden."
Seinen Abschluss findet die Tour bei der NordWestbahn. Hier bestätigt sich das Bild der letzten Tage: „Die Eisenbahn wird wieder etwas jünger“, wenn schon nicht in der Infrastruktur, dann doch bei den Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern. Die große Anzahl an jungen, neuen, motivierten Kolleginnen und Kollegen gibt Grund zur Hoffnung.
Zum Ende der Tour durch Niedersachsen und Minden sprechen wir ein großes Dankeschön aus: All denen, die diese Betriebsbesuche und die Fahrradtouren erst möglich gemacht haben und all denen, die uns in ihren Betrieben so freundlich empfangen haben, um sowohl Lob als auch Kritik loszuwerden oder um über die aktuelle Lage sowie ihre Wünsche für die Zukunft zu berichten.
Tag 4 der Sommertour beginnt mit einer Radtour mit integrierter Stadtführung durch Minden: Vom Dom aus führt uns Kollege Wolfgang Bauch kompetent entlang der Sehenswürdigkeiten der Stadt, sodann über den Weser-Radweg bis zum Mittellandkanal, um hier bei einem Kaffee einzukehren und sich über die aktuellen Themen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner zu unterhalten. Im Anschluss geht es weiter zur nahegelegenen DB-Systemtechnik.
„Wichtig für die Gesellschaft und wichtig für den gesamten Sektor.“ So beschreibt Hans Peter Lang die Rolle des Unternehmens. Wichtig vor allem auch, weil es die „letzte operative Systemklammer für den Bahnsektor“ darstelle. Bei der Systemtechnik besitzt man Technikkompetenz für den gesamten Systemverbund.
Von der Forschung zu Betonschwellen, über die Überprüfung der Klimafestigkeit von -20 bis +45 Grad Celsius bis hin zum automatisierten Fahren mit diversen Sensoren zur Kontrolle der Schieneninfrastruktur wird alles hier erprobt. Insgesamt habe man „1.000 Spezialisten mit kaum Dopplungen“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Detlev Hotze. Das bedeutet natürlich auch: Sollte „hiervon einer gekürzt werden, müssen einzelne Geschäfte aufgegeben werden“. Und das, obwohl DB Systemtechnik insgesamt wirtschaftlich ist.
Es gibt aber auch Lichtblicke: Durch den RailCampus OWL gibt es kaum Probleme, neue Fachkräfte zu gewinnen. Am RailCampus findet eine Verzahnung von Unternehmen, Hochschulen und dem System Bahn statt. Daher ist es kaum verwunderlich, dass dies für viele ein „Herzensprojekt“ ist.
Ausklingen kann der Tag dann in dem Casino mit ausreichend Verpflegung. Dabei betont Martin Burkert noch einmal, dass das Unternehmen wie die DB Systemtechnik „unerlässlich für die Bahn“ ist.
Vom Bahnhof Bad Bevensen geht es am dritten Tag der Sommertour Richtung Regionalbus Braunschweig (RBB) in Uelzen. Die 23 Kilometer lange Route führt die Radelgruppe entlang des Elbe-Seitenkanals bis hin zu unseren Busfahrerinnen und Busfahrern und später weiter zur Erixx und Ohe.
Bei der RBB erwartet uns das schon so oft erlebte Bild: Unfassbar freundliche Kolleg:innen, die jedoch auch unter dem Fachkräftemangel leiden. Zudem fehlt es hier im Landkreis an der Bereitschaft, Verkehre zu bestellen. Letzteres führt dazu, dass bis zu fünf Stunden Ruhezeiten in den Dienstplänen auftauchen. Darüber kann niemand glücklich sein. Seit 2016 bestellt der Landkreis jährlich weniger. Schon haben sich mehrere Konkurrenz- und Partnerunternehmen aus dem Markt zurückgezogen.
Bei der Erixx und den Osthannoverschen Eisenbahnen (OHE) sind die Probleme ähnlich. Während der Führung durch die Werkstätten wird deutlich: Wenn es zum einen keine Nachtschichten mehr gibt und zum anderen die Mitarbeitenden an der Ausgestaltung der Dienstpläne beteiligt werden, ist die Fluktuation der Mitarbeiter geringer.
Trotzdem macht man sich auch hier Sorgen vor den kommenden Vergaberunden des Landes. Während der Betriebsversammlung und der zuvor stattfindenden Blitz-Aktion können die Tourmitglieder rund um Martin Burkert noch einmal einige Minuten mit den Kollegen vor Ort sprechen, um herauszufinden, was sie bewegt und wo sie sich noch Verbesserungen oder Anpassungen wünschen.
Am zweiten Tag der Sommertour ging es bei rund 33 Grad weiter durch Niedersachsen. Erste Anlaufstation ist DB Cargo in Seelze. Hier ließen sich knapp 400 Kolleg:innen ein Hähnchen vom bestellten Imbisswagen schmecken und genossen den Moment zum Austausch untereinander oder direkt mit Martin.
Danach ging es weiter zum DB Maschinenpool. Hier werden die „gelben Fahrzeuge“ der Bahn instandgesetzt. Es arbeiten knapp 60 Kolleg:innen, darunter 12 Auszubildende, an 30 unterschiedlichen Fahrzeugtypen. Es gibt also täglich eine neue Herausforderung. Tatsächlich ist dies weltweit der einzige Standort, an dem die Maschinen von Palfinger selbständig aufgearbeitet werden, wie der Werkstattleiter stolz berichtet. Hier scheint der Generationenwechsel eingeläutet, denn auf dem ganzen Gelände finden sich viele junge Eisenbahnerinnen und Eisenbahner.
Vor Ort nutzt die Betriebsgruppe die Möglichkeit, dem Vorsitzenden der EVG einen Brief unter dem Motto „Montage ist auch Dienstreise“ zu übergeben. Damit wollten sie auf die Forderung auf Anpassung ihrer Verpflegungspauschale und der Reisezeitentschädigung aufmerksam machen. Auch dafür ist die Sommertour da.
Bei den sommerlichen Temperaturen und einem leckeren Eis verabschiedete sich die Gruppe von dem „für den Gesamtkonzern so wichtigen Mosaikstein und Juwel“, wie Martin den Maschinenpool passend beschreibt. Weiter geht es am Mittwoch in Uelzen.
Am Montag fiel der Startschuss für die zweite Auflage der Fahrradtour mit dem EVG-Vorsitzenden Martin Burkert. Wieder heißt es: Kolleg:innen besuchen Kolleg:innen, der EVG-Vorsitzende kommt in die Betriebe. Von Ort zu Ort geht es mit der Bahn und dem Fahrrad.
Nach dem erfolgreichen Auftakt im letzten Jahr, bei dem zahlreiche Kolleginnen und Kollegen die Gelegenheit genutzt hatten, ihre Anliegen direkt zu äußern, freuen wir uns, auch in diesem Jahr wieder in den regen Austausch treten zu können. Der erste Tag der Sommertour begann bei strahlendem Sonnenschein mit einer motivierten Gruppe von 14 engagierten Radfahrer:innen in Braunschweig.
Nicht lang fackeln, ab zur Cargo Werkstatt. In der etwas in die Jahre gekommenen, aber mit viel Eisenbahnflair ausgestatteten Werkstatt, arbeiten 40 Kolleg:innen in zwei Schichten auf vier Gleisen daran, die Waggons zu reparieren. Größtes Problem wird der immer deutlicher werdende Mangel an Fachkräften. Die Einführung von unnötiger Bürokratie verschlimmert das Problem. „Ich muss hier richtig arbeiten und kann mich nicht auch noch mit so etwas herumärgern“, bringt ein Kollege die Stimmung auf den Punkt.
Nach etwas über einer Stunde heißt es dann aber auch schon wieder, sich auf die Fahrräder zu schwingen und zur nahegelegenen Werkstatt von DB Regio zu radeln. In den großen Hallen trifft die Radler-Truppe erfreulicherweise viele junge Mitarbeitende. Ein Indiz dafür, dass die EVG-Forderung nach mehr und besserer Ausbildung im Konzern ihre Wirkung gezeigt hat. Trotzdem schwingt - wie schon bei Cargo zuvor auch - hier die Frage der Arbeitsplatzsicherheit mit.
Nach vielen interessanten Einblicken findet der erste Tag seinen Abschluss bei einer guten Bratwurst und lokalen Kaltgetränken auf dem Gelände der DB InfraGo. Was in den Gesprächen schon anklang, spricht Martin Burkert aus: „Die Infrastrukturprobleme sind nicht mehr kaschierbar und das tut der Eisenbahnerseele weh.“ Trotzdem gilt es, den Blick nach vorne zu richten und gemeinsam für eine starke Schiene zu streiten. Ein kurzer Blick nach vorne verspricht weitere interessante Einblicke durch den zweiten Tour-Tag in Seelze und Hannover.