Die orangen Warnwesten waren schon von weitem zu sehen - und die Trillerpfeifen deutlich zu hören. Rund 100 Kolleginnen und Kollegen waren dem Aufruf der EVG gefolgt, die Aufsichtsratssitzung der Fahrzeuginstandhaltung (FZI) am Donnerstag mit einer eindrucksvollen Protestkundgebung zu begleiten.
Viele Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel - und so waren zahlreiche Beschäftigte, die vom Stellenabbau betroffen sein könnten, nach Frankfurt gekommen, um ihrem Ärger Luft zu machen. Die Instandhaltung soll neu geordnet werden, aber noch immer gibt es kein Konzept. Die Betriebsräte wurden viel zu spät beteiligt und doch gilt bereits als beschlossen, dass das Werk Delitzsch geschlossen werden soll.
Eine Vorgehensweise, die nicht nur den stellvertretenden EVG-Vorsitzenden Kristian Loroch empörte. „Wir sind doch nicht irgendwer, wir haben Rechte, die im Gesetz festgeschrieben sind. Und die hat der Vorstand zu erfüllen. Das haben wir jetzt noch einmal sehr deutlich gemacht.“ Er drohte damit, nicht davor zurückzuscheuen, personelle Konsequenzen auf Arbeitgeberseite einzufordern, wenn weiter „rote Linien“ überschritten würden. „Die angehenden Koalitionäre planen jetzt offenbar den Austausch des Vorstands. Die EVG wird das ganz genau beobachten. Denn weitere Managementfehler kann die Bahn nicht verkraften."
„Weitere Managementfehler kann die Bahn nicht verkraften.“
Kristian Loroch, stellvertretender EVG-Vorsitzender
Dass den Beschäftigten „harte Zeiten“ bevorstehen, machte auch Saskia Borchert deutlich, die Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates. „Wir werden um jedes Werk kämpfen, denn wir brauchen jeden von Euch“, rief sie den Demonstrierenden unter lautem, zustimmendem Applaus zu. „Ohne die Werke fährt kein Zug,“ sagte sie und bedankte sich herzlich für die lautstarke Unterstützung vor der Aufsichtsratssitzung. „Dass Ihr heute hier seid, gibt uns Kraft und Mut; es ist gut, Euch hinter uns zu wissen. Wir sind heute laut und wir werden laut bleiben - uns kriegen sie nicht mehr ruhig.“
„Wir werden um jedes Werk kämpfen, denn wir brauchen jeden von Euch.“
Saskia Borchert, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates
Andreas Steins, Betriebsrat im Werk Paderborn und stellvertretender GBR-Vorsitzender, kritisierte mit scharfen Worten, dass in Paderborn nicht mehr ausgebildet werden soll. „Eine 113-jährige Tradition wird beendet, weil wirtschaftliche Gründe dafür sprechen würden. So hat die DB AG sicher keine Zukunft.“ Mehr als 3.500 Kolleginnen und Kollegen hätten ihre berufliche Karriere in Paderborn begonnen, viele davon seien hoch qualifizierte Fachkräfte und Ingenieure geworden, die ihre Kompetenz beim Arbeitgeber DB AG eingebracht hätten. „Darauf künftig zu verzichten ist der falsche Weg, wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen“, so Steins.
„Unsere Werke sind jeden Kampf wert“, betonte auch Johannes Kuipers, der als Vertreter der EVG stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei FZI ist. Damit griff er den Slogan der EVG zur Werke-Kampagne auf. „Wir alle wissen um die schwierige Situation, aber wer Mobilität und damit Daseinsvorsorge will, muss auch bereit sein, die notwendigen Kosten zu tragen.“ In der augenblicklichen Diskussion würden jedoch zwei wesentliche Aspekte völlig ausgeblendet. Die richtige Entscheidung für den Bau des neuen Werks in Cottbus dürfe nicht dazu führen, die milliardenschweren Kosten durch die Beschäftigten verdienen zu lassen; das sei völlig unmöglich. Zum anderen seien die erdrückenden Materialbestände ein Problem, dass die ebenfalls Fahrzeuginstandhaltung nicht allein lösen könne. Dadurch entstehe ein völlig verzerrtes Bild. „Noch warten wir auf die Informationen zum neuen Geschäftsmodell der FZI: ganz wesentliche Antworten zur Strategie, zum Feinkonzept, zu Risiken und Alternativen liegen noch nicht vor. Klar ist aber: Wir werden eigene Vorschläge machen“, so Kuipers.
Dass man es dem Arbeitgeber nicht durchgehen lasse, Entscheidungen im „stillen Kämmerchen“ und ohne Beteiligung der EVG-Betriebsräte zu treffen, erklärte Florian Kuntner, Betriebsrat im Werk Fulda. „Und deshalb müssen wir weiter laut sein“, rief er den Demonstrierenden zu, die seine Aussage mit einem gellenden Konzert der Trillerpfeifen unterstrichen. „Wir werden kämpfen, egal was passiert, und gemeinsam zusammenstehen.“
Eine klare Botschaft an den Aufsichtsrat der FZI, der kurz darauf zu seiner Sitzung zusammenkam. Die Vertreterinnen und Vertreter der EVG konnten dort - gestärkt durch die Protestaktion - ihre Positionen mit Nachdruck deutlich machen