Darin waren sich die angehörten Experten einig: Es werden mehr Geld - viel mehr Geld - weniger Hierarchieebenen, mehr operative Verantwortung vor Ort und effizientere Strukturen in den DB-Unternehmen benötigt, um das System wieder auf Kurs zu bringen. „Nur mit nachhaltigen Veränderungen ist wieder eine effiziente, zuverlässige und top-strukturierte Bahn machbar“. Mit dieser Mahnung unterstrich der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner die Wichtigkeit eines zeitnahen Umdenkens „pro Schiene“. Kirchner erläuterte in seinen klaren Antworten auf die Fragen der Abgeordneten die Krankheitserreger, die das System aktuell so anfällig machten.
Wie die EVG auch kürzlich in ihrem Positionspapier dargelegt hat, wurde die Schieneninfrastruktur jahrelang auf Verschleiß gefahren. Daraus ergibt sich ein kalkulierter Investitionsrückstau in Höhe von rund 57 Milliarden Euro. Ziel bleibt es, diesen Berg abzubauen und parallel die im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziele zu erreichen. Dazu gehören vorrangig eine Verdoppelung der Reisendenzahl bis 2030 und eine Steigerung des Güterverkehrs. „Das ist mit der Bestandsinfrastruktur keinesfalls zu erreichen“, stellte Alexander Kirchner klar. Die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) müsse deutlich aufgestockt werden, um die Substanz der Infrastruktur zu erhalten. Außerdem seien dringend mehr Mittel für Aus- und Neubau nötig, um mehr Kapazitäten zu schaffen.
Auch die Digitalisierung der Schiene darf nicht vergessen werden: Durch das Zugkontrollsystem ETCS kann die Kapazität im vorhandenen Netz gesteigert werden. Insgesamt sind daher rund 10 Milliarden Euro jährlich mehr nötig. Dies unterstrich auch Andreas Geißler von der Allianz pro Schiene.
Dass ein „System Bahn“ reibungslos funktionieren kann, zeigt uns die Schweiz. „Wir sind ein Vielfahrervolk. Die Bahn findet bei uns eine hohe Nutzerbegeisterung“, so Regula Herrmann vom Bundesamt für Verkehr der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BAV). Möglich machen das verschiedene Faktoren: „Es muss aus einer Hand gedacht werden!“. So arbeiten Betrieb und Netz unter einem Dach. Qualitative Ziele gehen vor quantitative. Ein Taktfahrplan im 30-Minuten-Takt gewährt Zuverlässigkeit. Busse müssen sich dem Bahntakt unterwerfen. Das Ticketsystem funktioniert nach dem Motto „Eine Reise – ein Ticket“.
„Wichtig ist es“, so Herrmann, „die Verkehrsträger nicht gegeneinander auszuspielen“. Finanziert wird die öffentliche Verkehrsinfrastruktur über Mineralölsteuern und Schwerverkehrsabgaben, auch „Straßensteuern“. Hintergrund sei, dass auch die Straße profitiere, wenn sie durch die Schiene entlastet werde. Ob das System auf Deutschland anwendbar sei, bleibe aber offen, so die Schweizer Bahnexpertin.
Dass es eine Mobilitätskrise in Deutschland gibt, leugnet kaum noch jemand. Auch nicht, dass die (Deutsche) Bahn einen aktiven Anteil daran hat. Umfragen zeigen, dass viele Menschen gern von Auto, vom Bus oder Flugzeug auf die umweltfreundliche Bahn umsteigen würden. Doch die Bahn ist ihnen aktuell zu unzuverlässig und unpünktlich.
Die Verkehrswende ist überfällig. Die EVG fordert bereits seit Langem einen „Deutschlandtakt“, der das System Schiene für Menschen, Güter und Unternehmen wieder attraktiv und verlässlich macht. In einem Positionspapier unter dem Titel „Mehr Bahn für die Menschen“ haben wir mögliche Lösungswege und unsere Forderungen zusammengefasst. Wir wollen, dass die umweltfreundliche Schiene wieder zum Rückgrat des Verkehrssystems in unserem Land wird. Dringend.
Wir sagen: Mehr und ein besserer Schienenverkehr ist möglich! Dafür müssen jetzt die Signale gestellt werden. Das braucht mehr Geld für das System Schiene als bisher und mehr politische Unterstützung. Dafür demonstrieren wir am Montag, den 20.Mai in Berlin. Sei dabei!