Der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner hat auf der 1. Mai-Kundgebung in Duisburg mehr soziale Gerechtigkeit eingefordert.
„Die Schere zwischen denen, die von ihrem Vermögen in Saus und Braus leben können und denen, die trotz harter Arbeit nicht über die Runden kommen, geht immer weiter auseinander. Das muss sich ändern - das müssen wir ändern", stellte Kirchner fest.
Der traditionelle Tag der Arbeit steht in diesem Jahr unter dem Motto „Wir sind viele. Wir sind eins." Der Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Mitgliedsgewerkschaften hatten gemeinsam zu bundesweiten Kundgebungen aufgerufen. Die zentrale DGB-Kundgebung mit dem Vorsitzenden Reiner Hoffmann fand in diesem Jahr Gelsenkirchen statt, der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner war Hauptredner in Duisburg.
„Im 'Superwahljahr 2017' sind wir deshalb alle gefordert, gegenüber der Politik aber auch gegenüber den Wählern deutlich zu machen, worin wir die großen gesellschaftlichen Herausforderungen für unser Land und für unsere Arbeit sehen - und welche Antworten wir anbieten können", führte Kirchner aus.
Verschenkt Eure Stimme nicht, denn das nützt nur jenen, die unserer Demokratie schaden wollen
Die Politik müsse die sozialen Abstiegsängste einer wachsenden Zahl von Menschen endlich ernst nehmen und entschlossen gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse vorgehen. Menschen in einkommensschwachen Arbeitsverhältnissen und sozial Benachteiligte bräuchten insofern eine klare Perspektive auf sichere und gute Arbeit.
Der DGB habe sich in diesem Zusammenhang auf drei Handlungsschwerpunkte konzentriert: „Soziale Gerechtigkeit", „Sichere und gute Arbeit der Zukunft" sowie „Zukunftsinvestitionen in einen handlungsfähigen Staat".
Zum Schluss seiner Rede appellierte Kirchner an die Anwesenden, bei der anstehenden Landtagswahl, aber auch bei der Bundestagswahl, wählen zu gehen. „Verschenkt Eure Stimme nicht, denn das nützt nur jenen, die unserer Demokratie schaden wollen", rief er den Kundgebungs-Teilnehmern zu.
Noch vor der Rede des EVG-Vorsitzenden machte die Bundesjugendleiterin der EVG, Michelle Mauritz, an gleicher Stelle die Positionen und Forderungen der DGB-Jugend deutlich. Vor der imposanten Industriekulisse des alten Industrieparks fordert sie in Duisburg Chancengleichheit bei der Bildung und eine bessere Ausstattung der Schulen. „Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein", stellte sie fest.
Bezahlbarer Wohnraum für Auszubildende, eine Ausbildungsverhütung, die zum Leben reicht und ein Jobticket seien weitere Forderungen der DGB-Jugend. Zudem dürfe die Energiewende nicht zu „De-Industrialisierung" führen. Das sei an einem Standort wie Duisburg ganz wichtig.
Nicht nur angesichts bevorstehender Wahlen auf Landes- und Bundesebene forderte Michelle Mauritz ein entschiedenes Eintreten gegen Rechts. Alle Demokraten müssten in dieser Frage zusammenstehen.
Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffman hat auf der zentralen Mai-Kundgebung in Gelsenkirchen mehr Steuergerechtigkeit eingefordert. Angesichts der hohen Vermögen und Erbschaften sei es an der Zeit, dass „Reiche und Superreiche sich an der Finanzierung eines handlungsfähigen Staates angemessen beteiligen“, forderte Hoffmann.
Eine stärkere Belastung der höheren Einkommen, eine Vermögenssteuer und Erbschaftsteuer sowie eine dringend notwendige Entlastung der mittleren Einkommen sei ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit in Deutschland. Das Geld werde für Investitionen gebraucht, erklärte Hoffmann, „in die Infrastruktur, in Bildung und in bezahlbare Wohnungen. Allein hier müssen, um den Bedarf zu decken, 400.000 pro Jahr gebaut werden.“
Hoffmann erwartet, dass alle Parteien in ihren Wahlprogrammen einen Kurswechsel bei der Rente einläuten. „Keine Partei kann sich beim Thema Rente im Bundestagswahlkampf wegducken. Wir fordern die Parteien auf: Sorgt dafür, dass das Rentenniveau stabilisiert wird, lasst es nicht weiter abrutschen.“
Zum 1. Mai 2017 haben sich bundesweit rund 360.000 Menschen an den knapp 500 Veranstaltungen und Kundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes beteiligt.
Einen besonderen Akzent in Berlin setzte Esen Yilmaz, die ehemalige Generalsekretärin der türkischen Lehrergewerkschaft. „Im vorigen Jahr konnte ich den ersten Mai nicht feiern, weil ich im Gefängnis saß. Diesmal kann ich ihn nicht zu Hause feiern, weil ich fliehen musste.“ Auch in diesem Jahr versuche die türkische Regierung, die Maikundgebungen im Land zu verhindern. Dennoch seien tausende in der Türkei auf die Straße gegangen, „auch die Frauen, denen Erdogan vorschreiben will, zu Hause zu bleiben und Kinder zu kriegen.“
Politiker wie Trump, Putin oder Erdogan versuchten derzeit, die Welt nach ihren Vorstellungen neu zu gestalten. „Aber das werden wir nicht so einfach hinnehmen“, rief Esen Yilmaz unter großem Beifall aus. „Wir wollen die Zukunft mitgestalten und dafür werden wir kämpfen, in unserem eigenen Land und auf der ganzen Welt.“ Der Kapitalismus sei derzeit wieder in einer Krise, „aber in der Krise wächst auch der Mut zum Widerstand. Wir werden nicht nachlassen in unserem Einsatz für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte. Es lebe der 1. Mai.“