Ein reger Meinungsaustausch stand im Mittelpunkt der dritten Veranstaltung der Reihe „Tarif-vor-Ort“. Nach Leipzig und Nürnberg waren EVG-Vorstand, Kristian Loroch, sowie die Kolleginnen und Kollegen der Tarifabteilung in die alte Lokhalle nach Mainz gekommen, um den aktuellen Stand der Vorbereitungen zur nächsten Tarifrunde mit interessierten Mitgliedern zu diskutieren.
Breiten Raum nahmen aber auch die „Fehlentwicklungen“ in so manchem Betrieb ein, die deutlich kritisiert wurden. Etwa, wenn die sanitären Anlagen, insbesondere auf Baustellen, unzureichend sind. Oder wenn sich Ausbildungskonzepte als unzureichend erweisen, weil junge Eisenbahnerinnen und Eisenbahner weite Wege zur Schule zurücklegen müssen, oder die Eingruppierung Anlass zu Ärger und Verdruss gibt. Oder, wenn sich Beschäftigte im EVG-Wahlmodell für mehr Urlaub entschieden haben, stattdessen aber Überstunden schieben, weil der Arbeitgeber kein oder nicht ausreichend Personal nachsteuert.
Das hat viel mit Geld und der Bezahlung zu tun, die vielen externen Bewerbern nicht attraktiv genug erscheint. „Deshalb könnten Verbesserungen in der Entgeltstruktur ein Thema in der Tarifrunde 2023 sein“, machte der für den Tarifbereich zuständige EVG-Vorstand, Kristian Loroch, deutlich. Schon in der zurückliegenden Zukunftswerkstatt hätten sich einige Tarifkommissionsmitglieder dafür ausgesprochen. Viele könnten sich aber wegen der augenblicklichen wirtschaftlichen Situation eine Runde vorstellen, in der es nicht ausschließlich um eine reine Lohnerhöhung geht.
Die diesjährige Tariftour sollte den Mitgliedern der EVG die Möglichkeit geben, in dieser Frage ihr Votum abzugeben. Die Tarifabteilung hatte eine kleine hölzerne Spielzeugeisenbahn mitgebracht und alle Teilnehmenden konnten einen Wagon auf das Gleis stellen, das für die Forderung stand, die ihren Vorstellungen entsprach. Zudem sollten die Mitglieder sagen, ob sie für eine soziale Komponente eintreten, einen festen Geldbetrag für die unteren Lohngruppen, der bis zu einer bestimmten Einkommenshöhe zum Teil deutlich über der prozentualen Erhöhung liegen würde. Auch in Mainz konnte so ein eindrucksvolles basisnahes Stimmungsbild eingefangen werden.
„Auch in der Frage der Laufzeit werden wir wohl neue Wege gehen“, machte Carina Peter, Leiterin der Tarifabteilung deutlich. Sind die Tarifverträge der EVG in der Vergangenheit meist über 24 Monate abgeschlossen worden, soll die Geltungsdauer diesmal kürzer ausfallen. „So sind wir schneller handlungsfähig und können in unsicheren Zeiten wie diesen auf aktuelle Entwicklungen schnell mit einer neuen Lohnforderung reagieren“, machte sie deutlich.
Auch in der Frage der Laufzeit werden wir wohl neue Wege gehen.
Möglichkeiten der Beteiligung stellten Philipp Collrep und Jörg Kronberg vor. Vor, während und zwischen den einzelnen Verhandlungsrunden können sich die Mitglieder der EVG in vielen verschiedenen Aktionen in die Tarifrunde 2023 einbringen und so die Verhandlungen aktiv unterstützen. Dass dazu große Bereitschaft besteht, wurde auch in Mainz deutlich. „Wenn Ihr uns braucht, sagt Bescheid, wir sind da. Und wenn es am Verhandlungstisch nicht weitergeht, dann sind wir auch zum Arbeitskampf bereit“, machten viele Anwesende deutlich.
„Das ist klasse, so kriegen wir einen überzeugenden Tarifabschluss hin“, erklärte gegen Ende Thomas Pfeifer, Sprecher aller Eisenbahnbetriebe außerhalb der DB AG. „Wir werden alle solidarisch zusammenstehen und gemeinsam für unsere zentralen Forderungen kämpfen. Wir lassen niemanden allein und unterstützen uns gegenseitig. Dass wir als EVG Gemeinschaft leben und damit erfolgreich sind, wird in dieser Tarifrunde einmal mehr deutlich werden“, sagte er.
Die Reihe „Tarif vor Ort“ wird am Dienstag, den 31.5. in Cottbus fortgesetzt. Hannover (1.6.) und Oberhausen (2.6.) die nächsten Stationen. Kurzfristige Anmeldungen sind über die jeweiligen Geschäftsstellen noch möglich.