Politischer Auftakt zur Tarifrunde 2023: Über 300 Kolleg:innen aus rund 50 Tarifkommissionen sind am Montag in Fulda zu einer Konferenz zusammengekommen, um die Forderungen festzulegen. „Es liegt ein Wetterumschwung in der Luft“, sagte der EVG-Vorsitzende Martin Burkert zum Auftakt. „Das Frühjahr wird hitzig und hier und heute heizen wir den Kessel an. Ich freue mich auf den Dampf, das Feuer und die Hitze."
Die EVG gehe mit einer starken Verhandlungsposition in die Tarifrunde, so Martin. Die Forderungen sind in mehreren Zukunftswerkstätten entwickelt worden, an der Mitgliederbefragung haben sich mehr als 30.000 Mitglieder beteiligt. „Wir können stolz darauf sein, so viele aktive und engagierte Kolleginnen und Kollegen zu haben. Dieses Signal der Stärke senden wir heute aus Fulda an die Unternehmensvorstände in unserer Branche.“ Die Krisen unserer Zeit dürften nicht von den Beschäftigten bezahlt werden, so Martin weiter. „Es muss ein kräftiges Lohnplus her. Und wir sind bereit, zu kämpfen."
In einer politischen Standortbestimmung forderte der EVG-Vorsitzende, die Rahmenbedingungen für die Schiene deutlich zu verbessern. „Wir fordern eine sozialökologische Verkehrswende: Der Marktanteil der Schiene im Güterverkehr muss auf 25 % steigen, der Personenverkehr muss verdoppelt, die Digitalisierung vorangetrieben werden. Die Schiene muss Verkehrsträger Nr. 1 in Deutschland werden.“ Notwendig seien Investitionen in die Infrastruktur und in Personal. „Bis 2027 brauchen wir hierfür 50 Milliarden Euro zusätzlich."
Es muss ein kräftiges Lohnplus her. Und wir sind bereit, zu kämpfen.
Zur sozialökologischen Verkehrswende gehörten auch gute Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung in den Verkehrsbetrieben. Derzeit verließen viele Beschäftigte die Branche, weil in anderen Wirtschaftsbereichen mehr bezahlt. „Aber Bahn ohne Menschen, das geht nicht. Wir brauchen in dieser Tarifrunde einen großen Schluck aus der Pulle, das haben unsere Kolleginnen und Kollegen verdient."
Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi wertete die Forderungskonferenz als „eine starke Positionierung und ein starkes Zeichen für die Kolleginnen und Kollegen in der Verkehrsbranche.“ Die EVG könne mit großem Selbstbewusstsein in die Tarifrunde gehen. „Ihr seid keine Bittsteller, ihr seid die Macher!“
Sie könne die Arbeitgeber nur davor warnen, die Inflation schönzurechnen, so die DGB-Vorsitzende. „Geld wird knapp, trotz Arbeit. In den heutigen Tarifrunden muss es darum gehen, Kaufkraft zu stabilisieren.“ Scharfe Kritik übte Fahimi an der Deutschen Bahn für das Ansinnen, in den mindestlohnnahen Entgeltgruppen die Option auf 12 Tage zusätzlichen Urlaub auf die Tabellenerhöhung anzurechnen. „Darauf muss es von uns allen eine scharfe Antwort und eine klare Absage geben.“ Die Option des zweiten Wahlmodells sei wichtig für eine bessere Work-Life-Balance; bei vielen Beschäftigten sei die Belastungsgrenze erreicht.
Ihr seid keine Bittsteller, ihr seid die Macher!
Auch die DGB-Vorsitzende forderte mehr Investitionen in die Schiene. „Wir wollen klimafreundlicher leben und dabei kommt der Schiene eine bedeutende Rolle zu.“ Der Verkehrsbereich dürfe nicht länger die Rote Laterne beim klimafreundlichen Umbau der Gesellschaft tragen. Der Personalmangel sei aber eine Bremse für die Verkehrswende. Deswegen komme es darauf an, bessere Rahmenbedingungen und eine attraktive Bezahlung zu schaffen.
Einen besonderen Akzent setzte ver.di-Kollege Olaf Könemann. Er berichtete, wie er gemeinsam mit einigen Mitstreiter:innen für die Durchsetzung des gesetzlichen Mindestlohns gekämpft hat. Der Hamburger Postler plädierte für einen langen Atem in den aktuellen Tarifauseinandersetzungen. „Wenn wir zusammenhalten, dann wird es einen Tag lang mal keinen Bus und keine Bahn geben, dann werden keine Pakete ausgetragen und es wird keine öffentliche Verwaltung geben.“ Es sei an der Zeit, „dass Arbeit wieder wertgeschätzt wird. Wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind nicht gierig, wir wollen unseren gerechten Anteil.“